Das Zepter von Zavandor

Die Einleitung zu „Das Zepter von Zavandor“ von Autoren-Neuling Jens Drögemüller liest sich wie der Auftakt zu einer spannenden Fantasygeschichte.... jedoch sollte man sich davon nicht irreleiten lassen: in Wahrheit ist dieses Spiel ein knallhartes Wirtschaftsspiel.

„Outpost“-Liebhaber werden an diesem Spiel ihre wahre Freude haben: so bedankt sich der Spielautor am Ende der Anleitung für die „Erlaubnis, funktionierende Spielmechanismen des Spiels Outpost wiederaufleben lassen zu dürfen“. Tatsächlich war es bei Erscheinen des Spiels mancherorts noch recht ruhig um den in Buchform verpackten Leckerbissen. Allerdings verbreiten sich Spielgeheimtipps bekanntlich so schnell, dass Verlage von der Nachfrage oftmals überrannt werden und es kurzfristig zu Lieferengpässen kommen kann (was die Neugier bei Spielern meistens noch weiter ansteigen lässt).

Bei „Das Zepter von Zavandor“ versuchen die 2 bis 6 Mitspieler die meisten Siegpunkte zu bekommen. Diese Siegpunkte erhält man indem man entweder Artefakt- oder Wächterkarten ersteigert, Wissensgebiete vollendet oder Edelsteine aktiviert.

Obwohl man es nach Studium der Spielregel nicht glauben mag: „Das Zepter von Zavandor“ ist eigentlich einfach (aber nichtsdestotrotz raffiniert!). Prinzipiell dreht sich für die Mitspieler alles um Edelsteine, Zauberstaub, Artefakte und Wächter sowie Wissensgebiete.

Zu Beginn des Spieles bekommt jeder Mitspieler einen Charakter. Jeder Charakter startet in einem anderen der insgesamt sechs Wissensgebiete, hat ein bestimmtes Handkartenlimit und erhält für den Start ins Abenteuer eine vorgegebene Zahl an Edelsteinen.

Das Spiel verläuft in mehreren Phasen.
In der ERSTEN Phase wird die Spielreihenfolge ermittelt. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten wird Startspieler, derjenige mit den zweit meisten Siegpunkten kommt als nächster an die Reihe etc.

In der ZWEITEN Phase erhalten die Spieler ihr Einkommen. Einkommen wird in Form von Edelsteinkarten, geballter Energie oder Zauberstaub ausbezahlt.

In der DRITTEN Phase können die Spieler (immer in Spielreihenfolge) dann mit ihren Karten etwas kaufen. Sie können beispielsweise Edelsteine kaufen um in der nächsten Runde mehr Einkommen zu bekommen. Sie können ein Artefakt oder einen Wächter zur Versteigerung anbieten – meistens natürlich in der Hoffnung, selbst das Höchstgebot abgeben zu können. Oder sie können ein Wissensgebiet ausbauen, was wiederum Vorteile bringt beim Kauf von Edelsteinen, beim Handkartenlimit etc. In jedem Fall bezahlen sie die verlangte Energie mit ihrem Zauberstaub, geballter Energie oder den Edelsteinkarten. Notfalls können sie sogar Edelsteine verkaufen um an die benötigten Ressourcen zu kommen. Allerdings bekommt man fürs Verkaufen von Edelsteinen nur die Hälfte des Wertes.

Schließlich und endlich gibt es die VIERTE Phase wo das Handkartenlimit überprüft wird. In dieser letzten Phase muss man natürlich auch darauf achten ob nicht schon das Spielende eingetreten ist. Das Spiel endet dann, wenn der fünfte Wächter versteigert worden ist.

So weit, so gut.
Über „Das Zepter von Zavandor“ gibt es eine ellenlange Liste an guten Dingen zu berichten. Allerdings: nobody is perfect. Es besteht aber die Hoffnung, dass bei der nächsten Auflage des Spieles alle Ungereimtheiten beseitigt werden.

Beginnen wir vielleicht einmal bei der Aufmachung. Die Fantasy-Gewandung des Spieles ist stimmig und wunderschön. Die stabilen Kartonmarker und die Holzscheibchen sind hochwertig und schön bedruckt. Allerdings hat sich bei den Tabellen der Charaktere der Fehlerteufel eingeschlichen und einige (essentielle) Dinge sucht man überhaupt vergeblich auf den Listen. So wäre es nach Mehrheit der Spielrunde durchaus hilfreich gewesen auf den Charakterblättern anzuführen wie viel Zauberstaub, geballte Energie etc. man jeweils zu Beginn von Phase 2 erhält. Gut, man kann natürlich tapfer versuchen sich das zu merken, allerdings muss ich gestehen dass ich im Lauf des Spieles zu vertieft war in die Rechnerei um auch noch solche Dinge im Kopf zu behalten. Für Memo-Nieten wie mich muss die Spielregel mit der Schummeltabelle also immer mit dabei sein.

Erwähnenswert ist die optimale Ausgewogenheit der Charaktere. Obwohl jeder Charakter in einem anderen Wissensgebiet startet, konnte kein gravierender Nach- oder Vorteil für einen Spieler beobachtet werden. Ein weiterer großer Pluspunkt für „Das Zepter von Zavandor“ ist, dass es für alle Spieler in ausnahmslos jeder Situation spielbar war. Kein Spieler hatte das Gefühl chancenlos weit abgeschlagen zu sein – schlimmstenfalls hatte man den Eindruck mit dieser oder jener gewagten Aktion das „Ruder noch einmal herumreißen“ zu können. Und das obwohl am Ende die Spieler z.T. punktemäßig doch weit auseinander lagen. Das liegt größtenteils wahrscheinlich auch daran, dass der Autor darauf bedacht war für die Führenden eine Hürde einzubauen und den Letzten einen Bonus zu geben. So hat der Führende bei Ersteigerung von Wächtern und Artefakten z.B. prinzipiell 10 Punkte mehr zu bezahlen.

Trotzdem sollte an dieser Stelle auch angemerkt werden dass die Spielpausen für die einzelnen Spieler unter Umständen sehr lange sein können. Obwohl man größtenteils problemlos vorausplanen kann ohne dass die anderen das eigene Spielgeschehen beeinflussen, so kann es doch vorkommen, dass ein Spieler seine Pläne verwirft oder sich z.B. verrechnet hat und seinen Spielzug neu planen muss. Als Pluspunkt ist jedoch wieder anzuführen, dass man seine Aufmerksamkeit nicht ununterbrochen dem agierenden Gegner schenken muss: auf der Siegespunkteleiste lässt sich jederzeit nachvollziehen wo der andere steht.

Direkt beeinflussen kann man die Mitspieler allerhöchstens mit Hilfe von Artefaktkarten (hier kann es z.B. passieren dass Mitspieler einen Edelstein verlieren). Dadurch dass in so einem Fall aber alle Spieler einen Stein verlieren, verringert sich aber wieder der sogenannte Königsmachereffekt. Man agiert zu seinem eigenen Vorteil und nicht zum Nachteil eines Mitspielers.

Das Spiel ist zwar kaum interaktiv und bietet wenig Platz für schadenfrohe Zeitgenossen, allerdings muss man dies im Fall von „Das Zepter von Zavandor“ trotzdem auf die Positivliste setzen. Der Glücksfaktor hält sich sehr in Grenzen, da ausnahmslos alle wichtigen Karten, die Gegner beeinflussen können, zur Zeit der Versteigerung aufgedeckt sind. Man bietet also nicht blind für eine Karte. Mitspieler können sich also im Fall des Falles schon darauf einstellen dass sie eventuell etwas verlieren oder anders negativ beeinflusst werden im weiteren Spielverlauf. Einzig und allein beim Ziehen der Edelsteinkarten schleicht sich ein klein wenig Glücksfaktor ein: allerdings fährt man auch hier ganz gut wenn man ganz einfach den mathematischen Durchschnittswert her nimmt.

Eine optimale Besetzung für „Das Zepter von Zavandor“ gibt es nicht, ebenso wie man die Spieldauer schlecht einschätzen kann: ein Spiel zu zweit geht ziemlich schnell über die Bühne, zu viert spielt man locker ca. 2 Stunden. Die Spieldauerangabe lautet „ab 60 min“ und das ist letztendlich wahrscheinlich auch die sicherste Zeitangabe. Im Endeffekt hängt die Spieldauer auch wie immer vom Wert der Spielerfahrung und von der Spielerbesetzung ab. „Das Zepter von Zavandor“ ist in jeder Besetzung gut spielbar, allerdings muss man damit rechnen dass jeder weitere Mitspieler das Spiel in die Länge zieht (in diesem Fall hat in die Länge ziehen aber nichts mit Langeweile zu tun).

Last but not least muss ich einfach über die Spielanleitung herziehen. Seit Beginn meiner Spielerkarriere habe ich noch nie so eine eigenartige Spielanleitung gelesen und ich muss sagen, ich bin froh dass ich von mehreren Seiten bestätigt bekommen habe dass es auch wirklich eine komische Anleitung ist.

Man kann nicht behaupten dass die Spielanleitung schlecht oder unverständlich geschrieben wäre. Sie ist einfach nur furchtbar konfus gegliedert und ist viel, aber keine Spielregel. Wenn man sich nur die Anleitung durchliest (ohne gleich das Spiel aufzubauen) dann weiß man zuerst mal überhaupt nicht worum es eigentlich geht. Man liest von Edelsteinen, Zauberstaub und Wissen – aber was man eigentlich machen muss um zu gewinnen oder was man überhaupt in seinen Zügen machen muss, das geht nicht klar hervor. Vielleicht liegt es unter anderem daran dass man statt klaren Angaben wie „Edelsteine kaufen und verkaufen“ schön klingende Synonyme wie „Edelsteine verzaubern und entzaubern“ verwendet hat. Dinge wie diese ziehen sich wie ein roter Faden durch die Anleitung.

Glücklicherweise ist am Ende der Spielregel der hilfreiche Link http://www.zavandor.de angegeben. Hier gibt es eine Anleitung wie man dem Fehlerteufelchen den Garaus machen kann, es gibt aber auch verständliche Erklärungen und FAQ’s (empfehlenswert ist es diese auch vor dem ersten Spiel durchzulesen). Erfreulich, dass es zu einem guten Spiel auch eine gute Internetseite gibt.

Die Spielregel ist vielleicht auch deswegen das Schlimmste an dem ganzen Spiel weil sie nämlich „Das Zepter von Zavandor“ selbst in Verruf bringt. Nach dem Studium der Spielregel hat man keinen oder schlimmstenfalls sogar eine schlechte Vorstellung von dem Spiel. Sobald aber Routine im Spielverlauf vorherrscht, verflüchtigt sich dieser Eindruck sehr schnell und macht einer äußerst positiven Überraschung platz.

Spieletester

08.08.2005

Fazit

„Das Zepter von Zavandor“ ist wärmstens zu empfehlen für alle, die sich vor einer längeren Spieldauer nicht scheuen. Jene, die nicht länger als 2 Stunden um den Spieltisch sitzen wollen sollten mit einer Maximalbesetzung von 3 Leute spielen. Da das Grundprinzip von „Das Zepter von Zavandor“ spätestens nach dem ersten Spiel leicht verständlich ist, spricht auch nichts dagegen wenn Kinder ab 10 oder 11 Jahren mitspielen. Für dumme Spieler ist „Das Zepter von Zavandor“ wahrscheinlich viel zu schnell vorbei, denn: „Hat ein Spieler einen höheren Betrag als sein mögliches Maximum geboten, trifft ihn der Blitz der 9 Wächter und er scheidet aus dem Spiel aus.“ :-)
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Beate | 24.10.2005

Phu, die Spielregel ist tatsächlich ein dickes Ding, aber hat man nicht an ihr resigniert, wird man mit einem super Spiel belohnt!

Diana | 02.01.2010

Das Spiel ist super. Zwar am Anfang etwas schwer zu verstehen, aber wenn man den Dreh raushat dann gehts ab. ICh liebe es... Besonders geeignet für lange (sehr lange) Winterabende...))))

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2004
Verlag: Lookout Spiele
Genre: Strategie
Zubehör:

1 Spielplan 6 Spieltableaus 162 Karten 48 Holzsteine 124 Edelstein-Plättchen 16 geballte Energie-Plättchen 9 Wächterkarten 6 Positionsscheiben 10 Verschlussbeutel 1 Spielanleitung

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