Spielmodi
„Kein Kapitän kann allzu viel falsch machen, wenn er sein Schiff längsseits neben das des Feindes bringt.“ (Horatio Nelson, 1758-1805)
Je nach Gusto bietet Sails of Glory verschiedene Spielmodi an, die im Regelheft überaus anschaulich in den Kapiteln Basic Rules, Standard Rules, Advanced Rules und Optional Rules beschrieben werden. Auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht läuft eine Spielrunde wie folgt ab: Planungsphase: Abhängig von der relativen Position des Schiffes zur Windrichtung wird eine passende Manöverkarte ausgewählt. Bewegungsphase: Das Schiff bewegt sich anhand der auf der Manöverkarte angegebenen Bewegungsrichtung/-weite. Kampfphase: Befinden sich Schiffe gegnerischer Flottenverbände in Schussweite, können diese Schiffe aufeinander feuern und Treffer-Ergebnisse abhandeln. Feuerbereitschaftsphase: In der Vorrunde abgefeuerte Kanonen werden nachgeladen und stehen in der nächsten Runde wieder zur Verfügung. Alle Regelzusätze bauen auf diesem Grundkonzept auf und erweitern die genannten Phasen. Durch die zusätzliche Anwendung der optionalen Regeln steigert sich der Realismus der Seeschlachten-Simulation dramatisch. So herrschen in der "höchsten Spielauflösung" veränderliche Windbedingungen vor und Matrosen können z.B. zur Brandbekämpfung, zum Setzen und Reffen von Segeln sowie zu Reparatur-Arbeiten am Steuerruder oder an den Masten abkommandiert werden.
Wind und Wetter
„Ich brauche nur ein großes Schiff und einen Stern, nach dem ich steuern kann.“ (John Masefield, 1878-1967)
Es erfordert einige Übung und räumliche Vorstellungskraft, um die Schiffe der jeweiligen Spielsituation entsprechend vor dem Wind, hart am Wind oder im Wind zu segeln. Neueinsteiger werden sich nicht einfach an den Spieltisch setzen und sich Chancen darauf ausrechnen können, einen erfahrenen Sails of Glory-Kapitän zu besiegen. Da Fregatten in der Lage sind, wendigere Manöver auszuführen, Linienschiffe aufgrund ihrer Größe und Bewaffnung jedoch eher träge auf das Ruder reagieren, kommt eine weitere Komponente ins Spiel, die Veteranen einen Vorteil beschert. Ein Schiff zu steuern will gelernt sein! Gut möglich, dass Segelkundige über einen ernstzunehmenden Startvorteil verfügen. Um ein Schiff optimal zu bewegen und es weder ins völlige Abseits noch gegen den Wind zu steuern, bedarf es großer Umsicht. Dabei spielt die relative Ausrichtung des Schiffsmodells zur Windrichtung eine entscheidende Rolle. Um die optimale Übersicht zu behalten, ist jedes Schiff auf einer quadratischen Basis montiert, die am Rand von einem Farbleitsystem umlaufen wird. Trifft der Wind auf den grünen Bereich dieses Leitsystems, sind die Segeleigenschaften des Schiffes am effektivsten. Der orange Bereich bringt bereits Einschränkungen mit sich, während im roten Bereich Gegenwind vorherrscht und so eine Vorwärtsbewegung des Schiffes unmöglich ist. Dieses Leitsystem korrespondiert farblich mit den Manöverkarten des Schiffes. Trifft der Wind z.B. den roten Bereich der Schiffsbasis, ist eine Bewegung nur noch mit den roten Manöverkarten möglich – dies ändert sich erst, wenn es dem Spieler innerhalb der nächsten Spielrunden durch geschicktes Manövrieren gelingt, sein Schiff wieder in den Wind zu legen. Ein wahrlich hartes Stück Arbeit, gewissermaßen „spielt das Spiel die Spieler“. Aber: Übung macht bekanntlich den Meister und die Admiralsstreifen müssen erst mühsam verdient werden.
Kanonen und Musketen
„Gentlemen! Wenn der Feind dabei ist, einen Fehler zu begehen, sollten wir ihn dabei nicht zu früh unterbrechen.“ (Horatio Nelson, 1758-1805)
Jedes Schiff verfügt sowohl an Steuerbord als auch an Backbord über je drei Feuerbereiche – den beiden weniger feuerkräftigen vorderen und hinteren sowie den sehr effektiven zentralen Feuerbereich. Zudem sind dem Spiel Entfernungs-Messstäbe beigegeben, die der Bestimmung der Feuerdistanz dienen. Auf diesen Stäben legt ein Farbleitsystem fest, ob und in welcher Feuerdistanz sich der Gegner befindet und aus welcher Art von zufällig gezogenen Treffermarkern sich der erlittene Schaden errechnet. Vereinfacht gesagt: Kurze Distanz zum feuernden Gegner und Kanonenfeuer aus dessen zentralem Feuerbereich = Eine Menge schwerer Treffer! Große Entfernung zum feuernden Gegner und Kanonenfeuer aus dessen vorderem oder hinterem Feuerbereich = Kaum mehr als zahnstochergroße Schäden! In dieser Rechnung muss auch noch die Rumpfstärke des getroffenen Schiffes berücksichtigt werden; große Kriegsschiffe halten länger durch als Fregatten. Kommen sich zwei Gegner sehr nahe, werden zusätzlich zu den Kanonen auch die Musketen der Mannschaft abgefeuert! Schüsse aus Musketen fügen dem Schiff nur minimale Schäden zu, richten unter den gegnerischen Matrosen jedoch ein Gemetzel an. Das alles führt letzten Endes zu Sieg oder Niederlage. Deren Bedingungen sind im Szenarien-Anhang des Regelheftes vorgegeben, grundsätzlich jedoch führt der finale Treffer am Schiffsrumpf oder der letzte dahingeschiedene Matrose dazu, dass ein Schiff aus dem Spiel ausscheidet. Sind alle Schiffe eines Spielers eliminiert, ist das Spiel für ihn verloren.
Das Spiel liegt derzeit nur in englischer und italienischer Fassung vor. Eine deutsche Ausgabe ist jedoch angekündigt. Gute Englischkenntnisse sind hilfreich, um das Regelwerk zügig erarbeiten zu können. Das Spielmaterial selbst (auch jenes der zahlreichen Erweiterungen) ist völlig sprachenunabhängig.
Spieletester
Fazit
„Tausend Tage und Nächte auf See, das Land kommt nie zurück.“
(Spliff, 1980-1985)
Nun: Auf der einen Seite der Medaille steht der Preis. Das Spiel ist teuer. Und lässt man sich auf die Vielzahl angebotener Erweiterungen ein, dann wird es richtig teuer! Auf der anderen Seite der Medaille findet man ein vollkommen ausgereiftes Spielkonzept, das mit nie dagewesenem Detailreichtum aufwartet.
Über die Struktur des Regelheftes, die Qualität des Spielmaterials und den wirklichkeitsnahen Ablauf einer Partie Sails of Glory kann man nur staunen. Liebhaber gepflegter Tabletop-Atmosphäre, die noch dazu über eine Affinität zur Seefahrt vergangener Jahrhunderte verfügen, finden in dieser Simulation ihr ganz persönliches Heiligtum. Sails of Glory kommt der Top-Note „10“ sehr, sehr nahe und scheitert nur deshalb – gänzlich unverschuldet – daran, weil eine realitätsnahe Simulation von kurz andauernden Seeschlachten per Definition nicht in der Lage ist, einen epischen Handlungsbogen vor den Spielern auszubreiten. Daher die Gesamtnote von „9,5“.
Erwähnen sollte man an dieser Stelle unbedingt auch noch den Schachteleinsatz, der mit einer Vielzahl passgenauer Aussparungen für das umfangreiche Spielmaterial der Perfektion ebenfalls sehr nahe kommt. Ein Musterbeispiel an Funktionalität.
Plus
- bis ins kleinste Detail absolut stimmige Schlachtensimulation
- bemalte Schiffsmodelle
Minus
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Details
bemalte Miniaturen:
1 englische Fregatte
1 englisches Linienschiff
1 französische Fregatte
1 französisches Linienschiff
Sonstiges:
1 Windrose
1 Windstärke-Marker
2 Windrichtungs-Anzeiger
2 Entfernungsmessstäbe
4 Schiffskarten
4 Basiskarten
4 Schiffsplan-Ablagen
4 Schiffslogs
4 Manöver-Decks (132 Karten)
4 Takelage-Marker
10 Landschaftsteile
210 Aktionsmarker
390 Treffermarker
1 Regelheft (englisch, 64 Seiten)
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