Die Paläste von Carrara

Im Florenz des 15. Jahrhunderts glänzte nicht nur der Reichtum der Medici, sondern auch weiße Marmorblöcke, die aus dem toskanischen Carrara in das Atelier eines Genies am Arno gebracht wurden. Der Bildhauer, Maler, Dichter und Architekt Michelangelo schuf daraus weltberühmte Kunstwerke, die für die Ewigkeit geschlagen scheinen: Die PietaÌ im Petersdom, die Statue des David in Florenz, die des Moses in San Pietro... Mit Marmor aus Carrara wurde das Pantheon in Rom verkleidet, die Kathedralen in Siena und Florenz. Und natürlich die "Paläste von Carrara", die jetzt das erfolgreiche Autorenduo Wolfgang Kramer und Michael Kiesling von bis zu vier Bauherren am Spieletisch errichten lassen.

Die einflussreichsten Familien in Italien haben vom König den Auftrag erhalten, besonders prunkvolle Gebäude in den verschiedenen Städten zu errichten und diese mit außergewöhnlichen Objekten zu bereichern. Immer wieder besucht der Monarch auf Einladung der Familien die Baustellen und begutachtet den Baufortschritt. Für die prächtigsten Gebäude hat er dann diverse Belohnungen in Form von Gold oder Siegpunkten dabei.

Im Uhrzeigersinn spielend hat jeder Spieler genau drei Aktionen zur Auswahl. Er kann entweder Bausteine auf dem Markt kaufen, Gebäude errichten oder eine Wertung für sich auslösen.

Das Grundgerüst des Spieles ist die Drehscheibe des Marktes, auf dem die verschiedenen Güteklassen des Carrara-Marmors mit unterschiedlichen Preisen zum Verkauf liegen. Immer wenn ein Spieler Bausteine kaufen möchte, dreht er vorher die Scheibe um ein Segment weiter und verändert damit die Preise. Bevor er aber zugreifen kann, muss aus dem beiliegenden Säckchen so viel Marmor gezogen und auf das erste Verkaufsfeld gelegt werden, bis wieder insgesamt elf Bausteine ausliegen. Dann darf er sich aus einem Segment so viele Steine kaufen, wie er bezahlen kann und will. Wer das Spiel „Wikinger“ kennt, wird ein Déjà-vu haben, denn die Drehscheibe beeinflusste auch im hohen Norden die Kosten für diverse Käufe.

Mit dem erworbenen Marmor bauen die Spieler Gebäude, müssen dazu vorher aber entscheiden, in welcher der sechs Städte dies geschehen soll. Das wiederum hat weitreichende Auswirkungen auf die Art des Marmors, denn nicht in jeder Stadt darf mit Marmor minderwertiger Qualität gearbeitet werden. Auf dem Spielplan liegen immer neun der dreißig verschiedenen Gebäude aus. Grundsätzlich kann jedes Gebäude in jeder Stadt errichtet werden. Die entsprechenden Baukosten sind auf den Gebäude-Plättchen angegeben. Bei den einzelnen Städten wiederum ist ausgewiesen, welche Baustoffe hier zugelassen sind. Das errichtete Gebäude legt der Spieler dann nach Zahlung der Baukosten oberhalb seines Tableaus in die gewünschte Stadt.

Löst ein Spieler eine Wertung aus, indem er eine Gebäudeart auf seinem Tableau oder eine bestimmte Stadt auf dem Spielplan auswählt, markiert er seine Wahl mit einem seiner sechs Wertungssteine und erhält dafür entsprechend der Baukosten und einem angegebenen Multiplikator Siegpunkte oder Geld. Da eine Stadtwertung während des gesamten Spiels immer nur von einem Spieler ausgewählt werden darf, ist hier Schnelligkeit angesagt. Das allerdings setzt auch die Errichtung einer notwendigen Mindestzahl an Gebäuden in dieser Stadt voraus. Zusätzlich zu Siegpunkten und Geld erhält ein Spieler entsprechende Objekte, die auf den zu wertenden Gebäudeplättchen abgebildet sind. Gibt es keine Objekte einer Art mehr, geht der Spieler leer aus. Zusätzlich kann jeweils eins der Objekte auch käuflich erworben werden – hier gilt ebenfalls: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Das Spielende kann auf zweierlei Arten eintreten:
1. Das letzte Gebäude wurde von Spielplan genommen und gebaut.
2. Ein Spieler sagt das Spielende an, wenn er die drei Bedingungen auf der Kartenleiste erfüllt hat. Im Grundspiel bedeutete dies, dass der Spieler mindestens viermal gewertet, eine bestimmte Anzahl an Objekten gesammelt und Gebäude mit einer bestimmten Gesamt-Baukostensumme errichtet haben muss.

Bei beiden Arten wird die Spielrunde noch zu Ende gespielt und es erfolgt die Schlusswertung. Hier bekommen alle Spieler noch einmal Siegpunkte für ihre gesammelten Objekte, die Baukosten ihrer Gebäude und ihrer verbliebenen Geldmünzen. Es gewinnt, wer am Ende die meisten Siegpunkte auf sich vereinen konnte.

In der prall gefüllten Spieleschachtel findet sich in einem verschlossenen Umschlag zusätzliches Material für das Erweiterungsspiel. Der Umschlag soll erst nach Absolvierung von ein bis zwei Partien des Grundspieles geöffnet werden und ermöglicht tiefgreifende taktische Veränderungen. Zum einen muss die Drehscheibe vor dem Kauf von Baustoffen nicht mehr zwingend gedreht werden, zum anderen können bestehende Gebäude in der eigenen Auslage durch höherwertigere überbaut werden. Dazu zahlt man dann nur den Differenzbetrag an Baustoffen. Neu sind auch die 8er-Gebäude, die beim Bau zusätzliche Bonusplättchen bringen und die Möglichkeit, die Wertung einer Gebäudefarbe durchzuführen.


Spieletester

Fazit

Unseren ersten Partien plätscherten lange so dahin. Alle sammelten fleißig Baustoffe, bauten vereinzelt Gebäude und es herrschte die eher ruhige Atmosphäre einer friedlichen Koexistenz. Erst als die erste Wertung ausgelöst wurde, waren alle plötzlich hellwach und es begann hektisches Treiben. Verschärft wurde dieser Effekt sogar noch, als wir nach zwei Partien den Umschlag mit der Erweiterung öffneten und unser Spiel damit bereicherten. Gutes Timing bei den Wertungen ist unerlässlich und eine der wichtigsten Erkenntnisse, die wir nach mehreren Partien gesammelt haben. Die Paläste von Carrara ist ein grundsolides Spiel, bei dem die einzelnen Aktionen gut ineinander greifen. Leider beschränkt sich die Interaktion mit den anderen Spielern auf das „Wegschnappen“ von ausliegenden Gebäuden und Stadtwertungen. Insgesamt gibt es nichts tiefgreifend Neues. Der Dreh mit der Scheibe ist ebenfalls nicht neu und auch in der Erweiterung nur bedingt ein taktisches Element. Der Glücksfaktor durch das Nachziehen der Baustoffe ist nicht zu unterschätzen, Steilvorlagen für die lieben Mitspieler eingeschlossen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Andreas | 16.04.2015

Ob ein Spiel etwas "Neues" bringt, wäre für eigentlich kein Kriterum ein Spiel abzuwerten, da würde es bald düster am Spielemarkt ausehen (auch ist es immer recht subjektiv was für einen selbst "neu" ist).Ebenso die indirekte Interaktion (die man fast in jedem "Eurogame" findet).

Ich finde Carrara ist ein sehr schönes Spiel. Gute Regeln und Material, hohe Varianz, angenehme Spielzeit. Allen die Spiele mit diesen Mechaniken mögen oder noch nicht kennen, kann ich Carrara sehr ans Herz legen.

Spielt schön :)

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: Hans im Glück
Grafiker: Franz Vohwinkel
Genre: Strategie
Zubehör:

1 Spielplan mit Drehrad 1 Kartenleiste 1 Startspielerplättchen 4 Spielertableaus 4 Sichtschirme 4 Siegpunktplättchen 30 Gebäudeplättchen 55 Münzplättchen 28 Spielfiguren 36 Objekte 42 Baustoffe 1 Stoffbeutel 1 Spielregel 1 Umschlag mit der Erweiterung (6 Gebäudeplättchen, 8 Aufwertungsplättchen, 31 Karten, dazugehörige Anleitung)

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