Das politische Talent hat nichts mit Das kaufmännische Talent (DKT) zu tun. Hier wird nichts gekauft, es geht um Politik. Jaja, manche Politiker sind käuflich, das wird in DPT auch thematisiert. Prinzipiell soll es aber eine Simulation der Regierungs- und Oppositionspolitik, inklusive Erfüllen von Wahlversprechen(!), sein.
Die hier abgebildete und besprochene Edition ist die Österreich-Edition. Es gibt auch eine Deutschland-Edition (und weitere Ausgaben sind in Planung), die sich aber lediglich durch die Namen auf den Politikerkarten und dem abgebildeten Regierungssitz, samt markanten Bauwerken der jeweiligen Stadt, unterscheidet.
Worum es im Spiel geht
Jeder Spieler ist Vorsitzender einer politischen Partei, die er in die Regierung bringen und dort halten will. Was das alles für Das politische Talent bedeutet, hat euch einer meinre Kollegen, der selbst schon politische Erfahrung sammeln durfte, im Rahmen der Berichterstattung von der SPIEL zusammengetragen: Lest hier mehr.
Dem sei noch hinzugefügt, dass die Parteien der Opposition natürlich selbst gerne in der nächsten Regierung sitzen würden, und deshalb die Schmutzkübel auspacken, wo es nur geht. So gut wie jeder Politiker hat im Spiel Dreck am Stecken. Es gilt, sich möglichst nicht erwischen zu lassen; sonst kann es mit der politischen Karriere schnell vorbei sein.
Wahlkampf und Bildung einer Regierung
Jeder Spieler hat einen Kandidaten, der Wahlkampfstärke aufweist. Wahlkampfstärke plus einem Würfelwurf (und ein zusätzlicher Würfelwurf, wenn das aktuelle Thema mit der Ausrichtung meiner Partei zusammenstimmt), mit eventuellen Bonus- oder Maluswerten für gutes Image, bekannte Skandale etc., entscheiden, ob mein Kandidat besser oder schlechter dasteht, als der meines linken Nachbarn. Dies ist gleichbedeutend mit Sitzverlusten oder -gewinnen für meine Fraktion. Wurde eine komplette Runde um den Tisch gemacht, stehen die schlussendlichen Kräfteverhältnisse fest und es geht an die Verhandlungen, wer in die Regierung darf und wer welche Ämter besetzt. Die Amtsinhaber erhalten am Ende jeder Runde Punkte.
Eine Legislaturperiode
Warum bekommt man am Ende jeder Runde Punkte, und nicht einmalig nach geglückter Wahl? Die Politiker kleben mehr oder weniger an ihren Sesseln und können drei Jahr (Runden) lang Aktionen durchführen. Wir sind aber nicht davor gefeit, dass einzelne Abgeordnete das Lager wechseln, Skandale meinem Spitzenkandidaten schaden, die Opposition überraschende Aktionen setzt... Manche dieser Aktionen kann ich immer durchführen, einige kann ich nur mit der Zustimmung einer Parlamentsmehrheit erreichen, und andere benötigen einen gelungenen Würfelwurf, welcher von den Stärken meines Spitzenkandidaten beeinflusst ist.
Dies kann zu Umbildungen (freiwillig oder unfreiwillig) der Regierung führen. Ich kann aber auch meinen Spitzenkandidaten wechseln, ihn für die nächste Wahl ins gute Licht rücken und ähnliches. Siegpunkte gibt es aber hauptsächlich für eine Sache (und daran sollte man auch in der Wirklichkeit Politiker viel öfter messen): nämlich wenn man das erfüllt, was man vor der Wahl versprochen hat, und wofür einem die Wähler die Stimme gegeben haben.
Nach drei solcher Durchläufe von Wahlkampf-Regierungsbildung-Legislaturperiode erfolgt noch ein finaler Wahlkampf. Wer als sitzstärkste Partei hieraus hervorgeht, bekommt einige Extrapunkte.
Spieletester
Fazit
Politik erlebbar machen? Check! Das politische Talent verarbeitet spielerisch einige Aspekte des demokratischen Daseins. Politik ist nun mal weit davon entfernt, fair zu sein! So sind es auch die Aktionen, die einen mit etwas Pech am falschen Fuß erwischen. Da kommt irgendwer und lenkt einfach so vom Thema ab. Schwupps, ist mein kleiner Rückenwind plötzlich ein laues Lüftchen, was sich entsprechend auf das Wählerverhalten auswirkt. Oder mein Kandidat, der bis eben noch das Liebkind der Nation war, wird von einer alten Kamelle eingeholt und durch den Reißwolf des Boulevard-Journalismus gedreht. Dann heißt es, schnell ein neues Gesicht für die anstehende Wahl zu finden, um den Imageschaden für die Partei in Grenzen zu halten.
Das angewandte Wahlkampfwürfeln erlaubt es, pro Wahlkampf bis zu sechs Sitze zu gewinnen oder zu verlieren. Angesichts eines sechzig Sitze umfassenden Parlaments, entspricht das Stimmgewinnen bzw. -verlusten von bis zu zehn Prozent der Gesamtzahl. Da man mit nur 10 bis 20 Sitzen ins Spiel startet, habe ich bei einer niedrigen Ausgangsbasis schnell mal das Potenzial, mich fast zu verdoppeln!
Hier wird ein Problem von DPT offensichtlich: Ob mein Kandidat mit ein oder zwei Würfeln werfen darf, wird vom aktuellen Wahlkampfthema und der Ausrichtung meiner Partei bestimmt. Im ersten Wahlkampf ist beides komplett zufällig gewählt, zwei bis drei Spieler profitieren von der zusätzlichen Würfelunterstützung. Erst nach dieser Wahl, kann man sich daran machen, in den Aktionsrunden ein anderes Thema nach vorne zu bringen. Da ist das Kind aber schon in den Brunnen gefallen und meine Sitze sind bei Würfelniederlagen gegen bevorteilte Nachbarn verloren gegangen. Die Regierungsbildner scheffeln ihre Punkte und sind in der nächsten Runde tendenziell eher wieder in der Regierung zu finden.
Nicht ganz so kritisch, aber auch nicht optimal, sehe ich die Auswirkungen der Spielerzahl. Diese zeigt sich ebenfalls bei den Wahlkampfthemen und Ausrichtungen:
Im Spiel zu dritt hat jeder zwei Mehrheiten- und ein Minderheiten-Thema als Parteiausrichtung. Zu viert und zu sechst haben alle Themen gleich viele Unterstützer. So weit, so fair.
Aber zu fünft hat ein Spieler drei Mehrheitenthemen, zwei Spieler haben zwei Mehrheiten- und ein Minderheitenthema, zwei Spieler haben zwei Minderheiten- und ein Mehrheiten-Thema. Da passt die Balance nicht! Die beiden mit nur einem Mehrheitsthema werden es ungleich schwerer haben, Punkte aus ihren Wahlversprechen-Karten zu schlagen.
Prinzipiell begrüße ich höhere Spielerzahlen, da alle Stimmenzuwächse und -verluste auf eine kleinere Grundgesamtheit angewandt werden, wodurch sich viel mehr Optionsänderungen ergeben, als wenn es z.B. drei "Großparteien" gibt, die entsprechend weniger Aktionen ausführen, welche den Mitspielern "ans Bein pinkeln".
Das Spielmaterial ist von ordentlicher Qualität. Dass nicht alle Holzscheiben denselben Durchmesser haben, kann man vernachlässigen. Grafisch ist das Spiel eine Eigenproduktion, daher einfach gehalten. Die Namen der Spitzenkandidaten sind an echte Vorbilder angelehnt: Man findet hier Herrn von der Wuff, Herrn Schmähhammer und Frau Bierchen. Einzelne "echte Spitznamen" zu verwenden, hätte ich anstelle des Autors und Grafikers nicht gemacht. Aber OK, so ist das Spiel eben teils auf historischer Basis stehend.
Plus
- gute Simulation der echten Politik, sehr gut für Lernzwecke
- witzige Wortspiele mit Namen realer Politiker
Minus
- mit etwas Pech komme ich nie in die Gänge, oder bin chancenlos abgehängt
- nicht alle Spielerzahlen sind perfekt austariert
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Details
1 Spielbrett
22 Kandidatenkarten
24 Skandalkarten
4 Regierungskarten
12 Oppositionskarten
6 Themenkarten
36 Wahlversprechenkarten
6 Ausrichtungskarten
162 Holzscheiben
12 Bonuschips
6 Maluschips
2 Aktionsboards
1 Siegpunktezähler
1 Spielanleitung
Statistik
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