Mit dem Ridley Scott Film Alien – Das unheimliche Wesen aus einer anderen Welt kam im Jahr 1979 ein Klassiker der Pop-Kultur in die Kinos und setzt bis heute Maßstäbe im Bereich des Sience-Fiction-Horror. Gleichzeitig machte das für diesen Film geschaffene Alien den Schweizer Bildhauer HR Giger weltbekannt.
2018 startete der polnische Verlag Awaken Realms die sehr erfolgreiche Kickstarter-Kampagne zum hier vorliegenden Nemesis, einem Brettspiel, das sich unverkennbar vom vorgenannten Alien-Film inspirieren ließ. Der polnische Verlag hatte schon im Vorfeld mit dem Brettspiel This war of mine bewiesen, dass er ein Händchen für atmosphärische Szenarios, packende Storys und emotionale Spielmomente hat.
In Nemesis sind die Spieler Crewmitglieder eines Raumschiffes und erwachen unplanmäßig während eines Fluges aus ihrem Kälteschlaf. Irgendetwas ist vorgefallen, denn ein weiteres Besatzungsmitglied liegt tot neben seiner Schlafkapsel und das gesamte Raumschiff läuft nur noch im Notbetrieb. Nun muss sofort nach dem Notfallprotokoll gehandelt, die Triebwerke und Rettungskapseln auf ihre Funktionsfähigkeit kontrolliert und der Flugkurs des Autopiloten im Cockpit überprüft werden. Natürlich ist es in solchen Situationen immer hilfreich, ein paar Waffen und zusätzliche Ausrüstung zur Hand zu haben, deshalb sollte in den einzelnen Räumen danach gesucht werden.
Die Vorbereitung auf die erste Partie dauert aufgrund der umfangreichen Spielregel etwas länger und auch der jeweilige Aufbau benötigt wegen der Fülle des Materials mehr Zeit als durchschnittlich üblich. Zudem sollte beachtet werden, dass das Spiel mit all seinen Komponenten einen recht hohen Platzbedarf hat. Das Spielbrett zeigt den Grundriss des Raumschiffs mitsamt seinen verschiedenen Räumen und Verbindungskorridoren. Die Räume sind dabei allerdings nicht fest zugeordnet, sondern werden in jeder Partie als Raum-Plättchen verdeckt neu ausgelegt. Zusätzlich erhält jeder Raum, ebenfalls verdeckt, ein Erkundungsplättchen. Die Anzahl der Rettungskapseln ist abhängig von der Anzahl der Spieler, während die Koordinatenkarte im Cockpit und der Zustand der Triebwerke zufällig bestimmt werden. Jeder Spieler erhält zwei zufällige Ziele (ein persönliches und ein Unternehmensziel) und kann sich anschließend einen von zwei Charakteren auswählen. Captain, Pilotin, Wissenschaftler, Aufklärerin, Soldat und Mechaniker stehen dabei zur Verfügung. Jeder der Charaktere spielt sich komplett unterschiedlich und beginnt das Spiel mit individuellen Startgegenständen und den ihm zugeordneten Aktionskarten.
Nemesis läuft solange rundenweise ab, bis eine der für das Spielende notwendigen Bedingungen erfüllt ist. Dieses kann möglich sein, wenn das letzte Feld der Zeitleiste oder der Selbstzerstörungsleiste des Raumschiffes erreicht wurde, der neunte Feuer- oder Fehlfunktionsmarker in Räumen platziert wurde oder aber der letzte überlebende Charakter mit einer Rettungskapsel entkommt, sich in den Kälteschlaf versetzt oder aber stirbt. Falls das Alter Ego eines oder mehrerer Spieler die Partie überlebt haben, wird anschließend der Sieger ermittelt, indem der Status der Triebwerke, das eingegebene Flugziel, die Kontamination der überlebenden Charaktere und ihre jeweiligen Ziele überprüft werden.
Während des Spiels können mehrere wichtige Meilensteine erreicht werden, die das Spiel deutlich beeinflussen. Wenn das erste Alien in einem der Räume auftaucht, muss sich jeder Spieler für eines seiner beiden Ziele entscheiden und das andere ablegen. Der zweite wichtige Moment tritt ein, wenn der erste Spieler-Charakter stirbt. In diesem Fall aktiviert der Zentralcomputer des Raumschiffs das Notfallprotokoll und entriegelt automatisch die Rettungskapseln. Die Schlafkapseln hingegen, die für den Kälteschlaf benötigt werden, werden erst geöffnet, wenn der Zeit- bzw. Rundenmarker das entsprechende Feld erreicht hat. Sollte er drei Runden vor der Selbstzerstörung des Raumschiffes den kritischen Bereich erreichen, werden die Rettungskapseln, falls noch nicht geschehen, automatisch entriegelt. Die Selbstzerstörungssequenz ist nun nicht mehr zu stoppen und alle Charaktere müssen versuchen das Schiff so schnell wie möglich zu verlassen.
Jede der einzelnen Runden ist in eine Spielerphase und eine Ereignisphase gegliedert. In der Spielerphase zieht jeder der Protagonisten bis zu fünf Aktionskarten nach und führt solange zwei Aktionen aus bis er passt, während in der Ereignisphase der Zeitmarker vorrückt, die Aliens bzw. die Xenos, wie sie in diesem Spiel genannt werden, angreifen, sowie der Effekt einer gezogenen Ereigniskarte abgehandelt wird. Es gibt vier mögliche Arten von Aktionen: die Basisaktionen, Aktionen durch Aktionskarten, Aktionen durch Gegenstandskarten und Raumaktionen. Alle Aktionen haben unterschiedlich hohe Kosten, die durch das Ablegen von Aktionskarten beglichen werden müssen. Basisaktionen wie Bewegen, Schießen, Nahkampf, Schweres Objekt nehmen, Tauschen, Herstellen, Vorsichtig bewegen und einen Gegenstand herstellen sind für alle Spieler gleichermaßen zugänglich, während die Aktionen durch Aktionskarten Charakterspezifisch sind. Mit Hilfe von Gegenständen im eigenen Inventar lassen sich teilweise ebenfalls Aktionen ausführen und auch die meisten Räume bieten diese Möglichkeit.
Eine der wichtigsten Aktionen, gerade am Anfang des Spiels, ist die Bewegung der Charaktere, denn nur so können verdeckten Räume erkundet, Gegenstände gefunden und viele Ziele erfüllt werden. Bewegen sich die Spieler in einen noch nicht erkundeten Raum, so decken sie das Raumteil sowie das entsprechende Erkundungsplättchen auf. Dadurch werden sowohl der Raum als auch seine zugehörige Aktion definiert, aber auch, wie viele Gegenstände dort gefunden werden können und welcher Sondereffekt zu beachten ist. Einen Großteil seiner Atmosphäre zieht das Nemesis aus der permanenten, nicht zu klassifizierenden Bedrohung durch die Xenos. Alle Charaktere die sich in einen leeren Raum bewegen müssen eine Geräuschprobe machen. Dadurch können sowohl Geräuschmarker abgelegt, als auch Begegnungen mit Xenos getriggert werden. Diese münden dann meistens in einen Kampf. Fern- als auch Nahkämpfe werden dabei per Würfelwurf entschieden. Die meisten Kämpfe können zu verschieden starken Wunden, aber auch zum Tod oder zu einer Kontamination führen. Deutlich bessere Überlebenschancen haben die Charaktere wenn sie verschiedene Gegenstände benutzen können oder die Schwächen der außerirdischen Organismen kennen. Diese müssen allerdings zwischenzeitlich erst einmal durch die Obduktion von Leichen oder Kadavern erforscht werden. Aber nicht nur die Xenos machen den Spielern die Erfüllung ihrer Ziele schwer. Auch Ereignisse wie Feuer, Fehlfunktionen oder Schleim können Schäden verursachen oder das Fortkommen im Raumschiff deutlich erschweren.
Spieletester
Fazit
Vom grundlegenden Ansatz her müsste man Nemesis eigentlich als einen typischen Dungeon Crawler bezeichnen. In Wirklichkeit ist dieses Spiel aber deutlich mehr. Dem polnischen Autoren Adam Kwapiński ist es perfekt gelungen, das latente Bedrohungsszenario der Alien-Filme in das vorliegende Brettspiel zu transportieren. Die opulente Ausstattung und die passenden Grafiken verstärken die klaustrophobische Atmosphäre am Spieltisch noch einmal zusätzlich. Wegen der unterschiedlichen Zielkarten der Spieler kann man sich selbst während der gesamten Partie nie genau sicher sein, ob die lieben Mitspieler nicht vielleicht einen selbst um die Ecke bringen wollen, weil das im Sinne ihres Auftrags ist. Andererseits sollte man aber auch auf dem Raumschiff tunlichst zusammenarbeiten, um bessere Überlebenschancen im Bezug auf die Xenos zu haben. Eine vertrackte Zwickmühle.
Nicht nur durch die verschiedenen Spielmodi, sondern auch durch die Vielzahl der wählbaren Charaktere, die zufällige Raumaufteilung zu Spielbeginn und die unterschiedlichen Zielstellungen ist für das Spiel ein hoher Wiederspielwert gegeben. Eigentlich wäre Nemesis damit ein perfektes Spiel, wenn die Spieler nicht mit zwei großen Mankos leben müssten. Der Spieler-Elimination und dem recht hohen Glücksfaktor. Mit ein wenig Pech kann ein Spieler schon früh während der Partie ausscheiden und müsste dann die restliche Spielzeit den Anderen zusehen. Um das ein wenig abzumildern soll der erste eliminierte Spieler nach seinem Ableben die Xenos steuern. Das klingt zwar interessant, ist aber leider nicht mehr als eine Notlösung. Auch durch den hohen Glücksfaktor z.B. beim Ziehen der Gegner aus einem Beutel kann es zu frustrierenden Situationen kommen.
Unter dem Strich ist Nemesis ein jederzeit spannendes, absolut atmosphärisches und sehr interaktives Spiel in welchem sich in jeder Partie eine neue Geschichte entwickelt. Gleichzeitig muss man aber auch mit den beiden oben genannten Mankos leben können und sich darüber klar sein, dass man ausreichend Zeit, Platz und eine passende Spielgruppe benötigt, um dieses atmosphärische Spiel in vollen Zügen genießen zu können.
In jedem Fall absolute Kaufempfehlung!
Plus
- hochgradig atmosphärisch
- hohe Interaktion
- tolle Ausstattung
- sehr hoher Wiederspielwert
- verschiedene Spielmodi
Minus
- Player Elemination
- hoher Platzbedarf
- hoher Zufalls- und Glücksfaktor
- läuft nur in der richtigen Spielgruppe zu Höchstform auf
- Spielplan leider sehr dunkel gehalten
Kommentar verfassen
Details
Spielregel
2 doppelseitige Blätter mit Raumübersichten
doppelseitiger Spielplan
6 Charaktertableaus
11 Hexfeld-Raumteile (1er-Räume)
9 Hexfeld-Raumteile (2er-Räume)
6 Charakter-Miniaturen (Kunststoff, Captain, Pilotin, Wissenschaftler, Aufklärerin, Soldat, Mechaniker)
20 Xeno-Miniaturen (Kunststoff, 6x Larven, 3x Kriecher, 8x Jäger, 2x Brutbestien, Königin)
6 farbige Figurenbasen
5 Kartenhalter für Inventar eines Charakters (Kunststoff)
2 W6 Angriffswürfel
2 W10 Geräuschwürfel
Stoffbeutel (Xenos)
Scannertableau
Xeno-Tafel
60 Aktionskarten (10 pro Charakter)
18 Zielkarten (9x Persönlich, 9x Unternehmen)
27 Kontaminationskarten
20 Xeno-Angriffskarten
16 Karten „Schwere Wunde“
20 Ereigniskarten
5 Übersichtskarten
8 Karten „Xeno-Schwäche“
8 Koordinatenkarten
30 grüne Gegenstandskarten (Versorgung)
30 gelbe Gegenstandskarten (Technik)
30 rote Gegenstandskarten (Militär)
12 blaue Gegenstandskarten (hergestellt)
6 Start-Gegenstandskarten (Waffen)
12 Aufgaben-Gegenstandskarten
6 Charakter-Auswahlkarten
18 Statusmarker (Kunststoff)
30 Geräuschmarker (Kunststoff)
12 Türplättchen
12 Standfüße für Türen (Kunststoff)
6 Triebwerksplättchen (3x intakt, 3x beschädigt)
4 Rettungskapsel-Plättchen
20 Erkundungsplättchen
blaues Leichenplättchen
4 rote Leichenplättchen
Startspielerplättchen
50 Munitions-/Schadensmarker (Kunststoff)
8 Feuermarker (Kunststoff)
8 Fehlfunktionsmarker (Kunststoff)
2 5er-Schadens-plättchen
8 Xeno-Eier (Plättchen)
27 Xeno-Plättchen(8x Larve, 3x Kriecher, 12x Jäger, 2x Brutbestie,1x Königin, 1x leer)
8 Xeno-Kadavarplättchen
Dekompressionsplättchen
Material fürSpielvarianten:
7 Zielkarten für den Solo-/Koop-Modus
10 Xeno-Aktionskarten
Statistik
Derzeit findest Du auf spieletest.at
7545 Gesellschaftsspiele-,
1668 Videospielrezensionen
2242 Berichte.