Seiten voll Blut, Schmerz und Trauer
Das 432 Seiten starke, vollfarbige Buch beginnt mit einer Beschreibung der Welt. Kreijor ist der Ort des Geschehens, ein riesiger Kontinent, dessen Oberfläche von mächtigen Gebirgen, gewaltigen Wüsten, tiefen Urwäldern, endlosen Steppen und auch sonst allem gesäumt ist, was man sich wünschen kann. Und wohin man auch schaut, man kann getrost das Smallworld´sche Motto im Hinterkopf behalten: Dies ist eine Welt voller Hiebe. Verrat, Intrige, Krieg und Tod beherrschen Kreijor. Das freut natürlich den Rollenspieler; wer möchte schon Katzen von Dornenwald-Bäumen holen oder alten Frauen über verunische Straßen helfen.
Der Auslöser für das ganze Leid liegt Jahrtausende zurück, in der Zeit, in der Andeimos der Ketzer sich zu den Göttern aufschwingen wollte. Diese kamen seinem Wunsch nach. Sie schenkten ihm Unsterblichkeit, sperrten ihn aber im gleichen Atemzug in die abgelegene Onyxpyramide, aus der es unmöglich ist zu entfliehen, auf dass er auf ewig vor sich hinvegetiere. Irgendwie klar, dass er das nicht so auf sich sitzen lassen möchte. Also konsultiert er ein paar Dämonen, entfesselt die Macht des Arkanen Kodex und setzt kurzerhand die Welt in Flammen. Das war der erste große Kataklysmus. Nachdem das Gute so gerade noch mit dem Sieg davon kommen konnte, sieht Andeimos sich genötig, das Ganze ein paar Jahrhunderte später zu wiederholen. Das Ergebnis: der zweite große Kataklysmus.
Jetzt, nach so langer Zeit, sind die Narben der vergangenen Tage schon fast vergessen. Aber Gelehrte und Magier lassen sich nicht vom scheinbaren (relativen) Frieden täuschen. Sie spüren deutlich Anzeichen für eine große Erschütterung im Gefüge der Welt. Diagnose: Der dritte Kataklysmus naht.
Krieger des Lichts und der Schatten
In dieses präapokalyptische Setting wollen wir also unsere Helden entlassen. Aber dafür muss es selbige klarerweise erstmal geben. Nach der sehr schlanken Regelbeschreibung (gerade mal fünf Seiten) werden also die spielbaren Rassen vorgestellt. Neben Klassikern wie Elfen, Zwergen und natürlich Menschen finden sich auch exotische Vertreter intelligenter Völker wie Feen, Orks und Echsenmenschen. Insgesamt können die Spieler aus zehn Rassen wählen.
Und dann geht es an die geniale Charaktererschaffung. Natürlich kommt kein Rollenspiel ohne Fertigkeiten und Eigenschaften aus. Auch Vor- und Nachteile sind weiß Gott kein Novum. Was mir persönlich sehr wohl neu war, ist das Kampfschulensystem. Statt sich anfangs auf eine bestimmte Charakterklasse festzulegen, hat man bei Arcane Codex die Möglichkeit, seinen Helden wesentlich individueller zu gestalten, Kampfschulen lassen sich nämlich beliebig untereinander kombinieren. Wir haben also keinen Ikea-Charakter-Bausatz, sondern können uns nach Belieben austoben. Ein axtschwingender zwergischer Berserker, der zwischenduch einen Feind mit einem Feuerball brutzelt, ist somit überhaupt kein Problem. Auch eine Fee, die einen kleinen Drachen reitet und dabei ein Schwert aus Licht beschwört, ist im Bereich des Möglichen. Eigentlich ist alles im Bereich des Möglichen. 24 (!) Kampfschulen mit je zehn Stufen und etliche Magieklassen warten darauf, kombiniert zu werden.
Dass das Autorenteam viel Augenmerk auf gutes Rollenspiel setzt, lässt sich in diesem Abschnitt ebenso sehr erkennen. Zum einen dadurch, dass nicht nur strahlende Helden, sondern auch ziemlich widerwärtige Schulen vorhanden sind. Sogar das unheilige Verwandeln des Charakters in einen Untoten, Vampir oder Halbdämon ist machbar – und dann wird´s schon schwierig mit dem Gruppenfrieden. Zum anderen verpflichten sich manche Schulen einem strengen Ehrenkodex. Ein Verstoß dagegen soll (und wird ganz sicher) vom Spielleiter mit strengen Konsequenzen geahndet.
Rüstzeug für die Apokalypse
Weiter hinten im Buch findet sich die obligatorischen Ausrüstung. Auch hier beweist man Mut zur Innovation. Wer möchte kann seinen Charakter mit einem Cestus (ist ein Kampfhandschuh, das Wort hab´ ich vorher noch nie gehört) oder einer Kette mit Haken, genannt Mornabat, und noch weiterem Tötungswerkzeug kämpfen lassen.
Bei den Rüstungen ist auf die Belastung zu achten. Ein fetter Plattenpanzer schützt natürlich gut, aber darin eine schnelle Drehung zu machen, ist halt problematisch.
Natürlich gibt es auch eine Vielzahl magischer Gegenstände, die diverse Boni bringen.
Völlig irre ist die Anzahl der verfügbaren Zauber. Generell wird in arkane und klerikale Magie unterteilt. Arkane Schulen beziehen ihrer Macht aus einer anderen Sphäre des Seins, die Hexerei etwa aus der Unterwelt oder die Illusionsmagie aus dem Astralraum. Kleriker erhalten ihre Macht von der angebeteten Entität. So verschreibt sich ein Priester einer bestimmten Gottheit und profitiert dafür von ihren Aspekten, ähnlich bei Druiden und Schamanen. Ein Priester der Mondtänzerin Nialla wird zum Beispiel mit Zaubern der Aspekte Bezauberung, Heilung und Reise & Bewegung gesegnet.
Long story short – das Kapitel der Zauber umfasst beinahe 90 Seiten. Vollgestopft mit allem. Einfach ALLEM.
Das Los des Einen
Und dann ist da ja noch die Spielleitung, irgendjemand muss sich derer ja erbarmen. Auch für diesen Posten ist gesorgt. Das Grundregelwerk versorgt die Quelle des Schicksals, wie sie hier genannt wird, mit einem großen Kapitel gefüllt mit dramatischen Systemen wie Furcht, Krankheiten, Ruhm, Fallen usw. Außerdem gibt es ein eigenes Kapitel mit (wirklich guten) Tipps und Wissenswertem rund um Arcane Codex und das Spielleiten generell.
Spieletester
Fazit
Plus
Minus
Besucherkommentare
Das Klischee hätten sie aber auch intelligenter, origineller und aufregender bedienen können. Das, was "Arklau Codex" dem erfahrenen Rollenspieler bietet, ist doch eher als peinlich zu erachten: eine wild zusammengeklaute Welt mit einem mäßig ansprechenden Regelsystem, dafür aber einer Autorengruppe, die allergisch auf Kritik reagiert und gegen sich selbst Genieverdacht hegt. Immerhin ist die zweite Edition aber ganz nett anzusehen.
Die Bezeichnung "Arklau" von Hans Bach oben empfinde ich als mehr als nur Unfair, es ist schon lange nicht mehr möglich das Rad bei Rollenspielsystemen oder Welten neu zu erfinden ( selbst DSA ist in den Ursprüngen ein D&D-Klon), aber die Art wie die Autoren das Ganze aufgebaut, zusammengefügt und verpackt haben ist kurz gesagt echt schön. Eine harte, blutige Welt die für jeden (der nicht auf Happy-Rollenspiele steht) etwas zu bieten hat. Meine Hauptkritik wäre eher, dass es schon fast zu viel des Guten ist, aber da die Welt seeeehr groß ist verteilt es sich ja relativ gut, auch wenn eine Verteilung über mehrere Kontinente Sinn gemacht hätte. Kurz: Bis heute ein empfehlenswertes, vielfältiges System. P.S: Ich persönlich denke mit einem größeren Verlag in Rücken und als Englisch-Sprachiges System hätte ein Giant-Slayer draus werden können, der D&D und einigen anderen ganz schön auf die Pelle gerückt wäre.
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