Wird es den Menschen gelingen, ihre Burg erfolgreich gegen die wilden Horden zu verteidigen? Oder werden am Ende des Tages die Orks auf dem Hauptturm der Burg ihre Kriegsflagge hissen als Zeichen eines ruhmreichen Sieges?
Das Spielkonzept
Auf dem sehr adrett und farbenfroh ausgestalteten Spielbrett sind das Innere der Burg, deren Gebäude, Mauerabschnitte, Bastionen, Tore, das Festungsaußenwerk sowie die Vorfelder und Aufmarschzonen des Angreifers abgebildet. Zu Beginn verfügt der Verteidiger bereits über alle Einheiten, während jene des Aggressors erst nach und nach auf dem Spielplan eingesetzt werden. Das Spiel läuft über maximal zehn Runden und endet in jedem Fall, sobald es dem Angreifer gelingt, einen Mauerabschnitt der Burg zu durchbrechen.
Jede Runde ist in sechs Phasen unterteilt, wobei jede dieser Phasen zuerst vom Angreifer und danach als direkte Reaktion darauf vom Verteidiger abgehandelt wird. Beiden Parteien stehen dabei völlig unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten (und konsequenterweise auch zwei verschiedene Regelhefte!) zur Verfügung. Dabei sorgt das überaus innovative „Sanduhren“-Konzept für einen interessanten Kick: Für alle Aktionen, die der Angreifer ausführt, muss dieser eine bestimmte (fiktive) Zeitspanne aufwenden – je höher der Aufwand für eine Aktion, desto mehr Sanduhren erhält der Verteidiger. Diese Sanduhren kann der Verteidiger wiederum für seine Aktionen einsetzen. Vereinfacht gesagt: Je mehr Aufwand der Aggressor betreibt, desto mehr Freiraum räumt er damit gleichzeitig dem Belagerten für den Ausbau seiner Verteidigung ein. Absolut genial!
Am Ende jeder Spielrunde kommt es zum Sturmlauf gegen die Burgmauern!
Die Spielrunden
Wie schon erwähnt durchläuft jede Spielrunde sechs Phasen. Diese Phasen entsprechen den fortschreitenden Vorbereitungen zum Angriff auf die Festungsmauer. Für jedes Vorhaben, das der Aggressor in Angriff nimmt, muss er eigene Einheiten und Rohstoffe vom Spielbrett entfernen sowie dem Belagerten eine festgelegte Anzahl von Sanduhren übergeben.
Phase 1 – Versorgung
Der Angreifer erhält neue Einheiten und Rohstoffe.
Phase 2 – Kriegsmaschinen
Der Angreifer kann Kriegsmaschinen bauen. Zum umfangreichen Fundus gehören Ballista, Katapult, Rammbock, Tribock, Schutzwall, Belagerungsturm und Altar.
Phase 3 – Ausrüstung
Der Angreifer versieht seine auf dem Spielplan verbliebenen Einheiten mit Ausrüstungskarten (Schilde, Fahnen, Leitern, Seile, Gifte etc.).
Phase 4 – Ausbildung
Der Angreifer kann auf den Vorfeldern Ausbildungsmarker platzieren und damit seine Einheiten zu Spezialisten ausbilden. Dazu dienen der Artillerist, Quartiermeister, Schützengrabenmeister, Schützenmeister, Antreiber, Ausbilder und Saboteur.
Phase 5 – Rituale
Der Angreifer lässt seine Schamanen magische Rituale durchführen, die seinen Einheiten zusätzliche Motivation verleihen.
Phase 6 – Vormarsch
Der Angreifer bewegt seine Einheiten von den Vorfeldern auf einen Mauerabschnitt und kann ihnen dort ein letztes Mal offene oder geheime Befehle erteilen.
Die Möglichkeiten des Verteidigers
Jede dieser Phasen wird zuerst vom Angreifer und daran unmittelbar anschließend vom Verteidiger durchlaufen. Unter Aufwendung der vom Gegner erhaltenen Sanduhren kann der Belagerte nun Einheiten innerhalb der Burg, den Mauern und den Bastionen bewegen, in der Schmiede Kanonen oder Ölkessel gießen, in der Werkstatt Stangenwaffen, hölzerne Laufstege, Tor- und Mauerverstärkungen herstellen, durch Kundschafter Fallen vor der Burg auslegen, in der Kathedrale göttlichen Segen erbitten und in der Kaserne Schützen zu Soldaten und diese zu Veteranen ausbilden. Die Garde kann gegnerische Saboteure verfolgen, Helden können auf Mauerabschnitten für den entscheidenden Motivationsschub sorgen und im Hospital verwundete Einheiten geheilt werden.
Der Sturmangriff
Am Ende jeder Spielrunde kommt es zum Sturmangriff. Die Auswirkungen von Fern- und Nahkampfwaffen werden abgehandelt, ehe für jeden Mauerabschnitt überprüft wird, welcher Spieler dort die Überlegenheit besitzt. Jede am Mauerabschnitt postierte Einheit verfügt dabei über einen vordefinierten Stärkewert (Goblin und Schütze 1, Ork und Soldat 2, Troll und Veteran 3). Der Spieler mit dem höheren Stärkewert gewinnt das Gefecht am jeweiligen Mauerabschnitt. Vom Stärkewert des Gewinners wird der Stärkewert des Verlierers subtrahiert. Dieses Ergebnis wird als Überlegenheit bezeichnet. Die Anzahl der Verluste an Einheiten, die der Verlierer nun erleidet, entspricht diesem Überlegenheits-Wert.
Ist danach der Überlegenheits-Wert des Angreifers größer als der Wert der verbleibenden verteidigenden Einheiten, dringt er in die Festung ein und das Spiel endet. Gelingt dies dem Aggressor an keinem einzigen Mauerabschnitt, läuft das Spiel weiter.
Die Siegpunkte
Der erfolgreiche Durchbruch in die Festung führt lediglich zum Ende des Spiels, jedoch nicht zwangsläufig zum Spielsieg des Angreifers! Auch hinter dieser Mechanik verbirgt sich eine erfrischend innovative Idee!
Zu Beginn des Spiels beginnt der Angreifer mit zehn Ruhmespunkten. Am Ende jeder Runde, die der Verteidiger standhält, muss der Aggressor einen dieser Ruhmespunkte an seinen Gegner aushändigen. Im Spielverlauf können beide Seiten durch diverse Aktionen weitere Ruhmespunkte für ihre Seite dazugewinnen. Sobald das Spiel endet, ist jener Spieler Sieger, der zu diesem Zeitpunkt die meisten Ruhmespunkte besitzt. Absolut genial!
Spieletester
Fazit
Überaus innovativ ist der „Sanduhr“-Mechanismus, der dafür sorgt, dass je offensiver der Angreifer seine Spielzüge gestaltet desto mehr Zeit dem Verteidiger für seine defensiven Aktionen innerhalb der eigenen Burgmauern zur Verfügung steht. Vielspieler werden jedenfalls ihre helle Freude mit Stronghold haben und für ihren Einsatz bei der Erarbeitung des Regelheftes mit asymmetrischen, vollste Konzentration und strategische Vorausplanung einfordernden hochtaktischen Spielsystematiken mehr als belohnt. Der Spielvorteil liegt aufgrund der flexibleren Siegbedingung klar beim Verteidiger. Ein zaghafter, wenig entschlussfreudiger oder gar planloser Angreifer wird mit großer Wahrscheinlichkeit immer den Kürzeren ziehen. Dennoch verzeiht Stronghold auch dem Verteidiger nicht den kleinsten Fehler!
Eine vorsichtige Warnung an die wahren Spieltüftler: Obwohl das Spiel auf den Einsatz von Würfeln verzichtet, ist ein gewisses Glücksmoment im Spiel enthalten.
Stronghold entfaltet seine ganze Strahlkraft im Spiel zu zweit. Es ist zwar möglich, die Teilnehmerzahl auf drei oder vier Spieler auszudehnen, dies drückt jedoch sehr stark auf das Spieleerlebnis. Die auf der Spieleschachtel angegebene Altersangabe „Ab 10 Jahren“ kann eigentlich nicht ernst gemeint sein. Aufgrund der komplexen Abläufe würde die Angabe „Ab 14 Jahren“ zweifellos besser passen. Familien- und Gelegenheitsspielern sei hiermit jedenfalls sehr deutlich vom Kauf abgeraten! Etwas ältere Semester werden sich unweigerlich an das Cry Havoc-Hex and Counter-System erinnert fühlen, das in vielerlei Ausformung mittelalterliche Belagerungs- und Kampf-Szenarien nachstellte und Anfang der 1980er-Jahre zu einem Vorreiter im Bereich klassischer Konfliktsimulationen werden sollte. Das Spielgefühl, das sich im Laufe einer Partie Stronghold entwickelt, ist jenem von Cry Havoc tatsächlich sehr ähnlich.
Epilog Für Herr der Ringe-Fans ist es ein Leichtes, sich mit Stronghold nach Mittelerde und dort in eine von J.R.R. Tolkien unerwähnt gebliebene Schlacht zu träumen, die ihren dramatischen Ausgang irgendwo in den weiten Landschaften Rohans oder Gondors nahm.
Plus
Minus
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Details
Allgemein:
1 Spielbrett
1 Ruhmestafel
1 Kurzübersicht
1 Stoffbeutel
1 Spielanleitung (multilingual)
Karten:
49 Phasen-Karten
25 Fehlschuss-Karten
17 Treffer-Karten
Spielmaterial aus Holz:
70 Orks
60 Goblins
40 Trolle
20 Soldaten
17 Schützen
4 Veteranen
28 Mauerelemente
24 Sanduhren
16 Rohstoffe
Papp-Marker:
29 Ruhmes-Spielmarker
21 Ausrüstungsmarker
15 Ausbildungsmarker
12 Marker der Rituale
9 Kesselmarker
6 Fallenmarker
5 Befehlsmarker
5 Rammbockmarker
4 Ballisten
4 Katapulte
3 Belagerungstürme
3 Podestmarker
3 Schutzmarker
3 Kanonenmarker
3 Stangenmarker
3 Magische Marker
2 Heldenmarker
2 Altareinfluss-Marker
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