Android Netrunner - Das Kartenspiel

Waren lange Zeit die sogenannten Sammelkarten-Spiele wie z.B. Magic das Maß aller Dinge, so erblickte in den letzten Jahren eine neue Art von Kartenspielen das Licht der Spieltische: die LCG´s, übersetzt auch: Living Card Games. Hierbei machen die in Abständen erscheinenden Erweiterungen den Unterschied zu den Sammelkartenspielen aus, denn die Karten die im Grundspiel und in den Erweiterungen enthalten sind, sind den potentiellen Käufern vorher bekannt und in ihrer Zusammenstellung immer gleich, sodass sich jeder Spieler selbst überlegen kann, ob er die Erweiterung zum Ausbau seines Decks benötigt oder nicht. Insbesondere Fantasy Flight Games bzw. Heidelberger Spieleverlag haben mehrere dieser LCGs mit den unterschiedlichsten Spielhintergründen parallel zu laufen und der überwältigende Erfolg gibt ihnen Recht. Eines der neueren LCGs ist das hier vorgestellte Spiel: Android Netrunner. Es basiert auf dem Sammelkartenspiel Netrunner welches Mitte der 90er Jahre erschien und recht erfolgreich war.

Android Netrunner spielt weit in der Zukunft. Die Menschheit hat sich über unser Sonnensystem ausgebreitet und den Mond sowie den Mars kolonialisiert. Einige wenige dafür aber weltweit operierende Megakonzerne kontrollieren alle Winkel des menschlichen Lebens. Aber es gibt auch einen Widerstand. Auf der Gegenseite gibt es die Fraktion von Datenhackern, sogenannten Runner, die mit den unterschiedlichsten Zielstellungen in die Datennetze der Konzerne eindringen, um dort sensible Daten zu entwenden. Der sich aus dieser Konstellation entwickelnde Cyberkrieg wird von beiden Seiten mit maximaler Härte, aber auch höchst unterschiedlichen Mitteln geführt.

Im Basisspiel sind alle notwendigen Karten enthalten, um mit einem von drei Runner-Decks oder einem von vier Konzern-Decks in diesen Konflikt zu starten. Jedes einzelne Deck, egal ob auf Runner- oder auf Konzernseite, ist individuell gestaltet und speziell ausgerichtet. So gibt es z.B. auf der Seite der Runner die von sich überzeugten Gestalter, die zerstörerischen Anarchos oder die nur auf ihren eigenen Vorteil bedachten Kriminellen. Ihnen gegenüber stehen Mega-Konzerne wie Jinteki, NBN, Weyland-Konsortium oder Haas-Biorid. Auch diese Konzerne unterscheiden sich deutlich in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung, so ist z.B. Jinteki führend bei der Herstellung von Klonen, NBN ein riesengroßer Medien-Krake, Haas-Biorid stellt Androiden her und über das undurchsichtige Weyland-Konsortium weiß man nur, dass es durch exorbitante Gewinne in der Baubranche überaus mächtig geworden ist.

Das Besondere an Android Netrunner im Vergleich zu anderen LCGs ist seine asynchrone Spielweise, denn der Konzern-Spieler versucht seine ausliegenden siegpunktträchtigen Agendas zu schützen, während der Hacker-Spieler genau diese stehlen und veröffentlichen will. Jeder der beiden Spieler hat einen Kartensatz welcher aus den speziellen Grundkarten der Fraktionen sowie neutralen Karten der Runner bzw. Konzerne besteht oder per Deckbau individuell zusammengestellt werden kann. Außerdem gelten für jede Seite Modifikationen bei Startbedingungen und den Spielabläufen, der grundlegende Ablauf ist jedoch recht ähnlich.

So verwenden beide Seiten Aktionspunkte, sogenannte Klicks, zum Erwerb von zusätzlichen Karten, Geld oder zur Durchführung wichtiger Aktionen. Der Konzernspieler zieht als Standardaktion in jeder Runde eine Karte, während der Runner dafür einen Aktionspunkt mehr zur freien Verfügung hat. Das Spiel endet erst, wenn einer der beiden Kontrahenten sieben Agenda-Punkte hat. Der Konzernspieler generiert diese indem er zuerst durch das verdeckte Auslegen von Karten neue Bereiche, sogenannte ausgelagerte Systeme, erschafft. Hier kann er die Agendas lagern und sie mittels ICE Sicherheitsprogrammen schützen, um sie später mittels Markern und Aktionspunkten zu entwickeln und die entsprechenden Agenda-Punkte zu kassieren. Der Runner hingegen kann, die nötigen Karten und Geldmittel vorausgesetzt, einen Run auf jeden beliebigen Bereich des Konzernspielers durchführen. Ziel ist es dabei die verdeckt ausgelegten Agendas zu finden und öffentlich zu machen. Natürlich bietet sich durch diese Spielkonstellation begünstigt ein permanentes Bluffen, Pokern und Taktieren geradezu an. So versucht der Konzernspieler permanent den Runner in die Irre zu führen und in eine Falle tappen zu lassen, um ihm so möglichst großen (Netz-)Schaden zuzufügen.

Spieletester

15.03.2014

Fazit

Android Netrunner ist auf den ersten Blick ein ganz hervorragendes Spiel. Eine asymmetrische Startaufstellung sowie sieben vorgefertigte und ohne Einschränkungen spielbare Decks garantieren einen langen Spielspaß inklusive hohem Wiederspielwert. Dazu kommen noch die sehr schönen Illustrationen auf den Spielkarten, die dadurch eine passende Atmosphäre entstehen lassen. Andererseits muss aber vor und während der ersten Partien eine völlig unnötig hohe Einstiegshürde, welche durch die vielen speziellen Fachtermini und das ungewohnte Cyberpunk-Thema gebildet wird, gemeistert werden. Auch die Spielregel ist in diesem Zusammenhang nicht unbedingt hilfreich. Leider wird zudem die Spieldauer durch den Zeitpunkt des Auftauchens der Agendas beeinflusst und damit kann aus einem schnellen Schlagabtausch auch durchaus ein zähes und unspektakuläres Ringen werden. Durch die vielen schon in der Grundbox existierenden Decks ist aber immer wieder eine schnelle und völlig anders ablaufende Revanche-Partie möglich und lang anhaltender Spielspaß garantiert. Sience Fiction-Fans und begeisterte Anhänger von Bluff- und Pokerelementen können Android Netrunner unbesehen in ihre Sammlung integrieren, ansonsten sollte man sich bei einer Probepartie selbst von den Qualitäten des Spiels überzeugen lassen. Noch ein paar Worte zum Deckbau. Wie bei allen LCGs von Heidelberger Spieleverlag üblich erscheinen im Anschluss an die Grundbox in regelmäßigen Abständen so genannte Datenpacks mit jeweils 60 Karten. Dieses sind allerdings nicht 60 neue, sondern wie üblich nur 20 neue Karten die mit jeweils drei Kopien vertreten sind. Mittels dieser Karten können die Stärken des eigenen Kartendecks und damit der eigenen Fraktion noch besser herausgearbeitet werden. Dafür sind jedoch Erfahrung, Zeit und viele Probepartien nötig, nichts also für Einsteiger. Diese erhalten aber durch die sieben vorhandenen und sich auch unterschiedlich spielenden Fraktionen einen Einblick in die Möglichkeiten des Spiels. Vorbildlich!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2013
Zubehör:

Spielregel, 134 Konzernkarten (28x Haas-Biorid, 28x Jinteki, 28x Weyland-Konsortium, 28x NBN, 22x Neutrale Konzerne), 114 Runnerkarten (33x Anarchos, 33x Kriminelle, 33x Gestalter, 15x Neutrale Runnerkarten), 2x Referenzkarten, 2x Klickzählermarker, 2x Klickzählerkarten, 51x Ein Credit- / Entwicklungsmarker, 8x Fünf-Creditmarker, 6x Hirn-Schaden-Marker, 12x Negative Publicity-Markierungsmarker, 23x Allgemeine Marker

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