Battles of Napoleon

Zwanzig lange Jahre, von 1796 bis zur Niederlage bei Waterloo 1815, fochten Napoleon Bonaparte und seine Truppen auf den Schlachtfeldern Europas. Battles of Napoleon ist eine Spielreihe, die die wichtigsten Schlachten dieser Epoche simuliert. Das Spiel bringt uns insgesamt zehn Schlachten näher, dabei wurden die historischen Hintergründe und Geschehnisse von damals anhand genauer Recherche versucht abzubilden. Auch die Truppen und Einheiten basieren auf den Stärken und Schwächen damaliger Truppenverbände.

Mit „Der Adler und der Löwe“ kommt das erste Spiel der Battles of Napoleon-Reihe. Hier hat man die Möglichkeit, die Kämpfe der beiden Erzfeinde Frankreich und Großbritannien auf den Schlachtfeldern Belgiens, Spaniens und Italiens neu auszufechten.

„Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück…“

Um das Spiel so authentisch wie nur eben möglich zu gestalten, hat man sich der wichtigsten Charakteristika jeden Militärs bedient: Befehlsstrukturen inklusive blindem Gehorsam. Alles dreht sich um die Befehle unserer Offiziere, ohne die herrscht sehr schnell Chaos auf dem Schlachtfeld und der Kampf wird verloren. Unsere Offiziere sowie die ihnen unterstellten Truppen werden uns von den einzelnen Szenarien des beiliegenden Heftes diktiert. Es bedarf daher zu Beginn des Spiels einiger Vorbereitung. Die Einheiten und Befehlshaber wollen auf ihre Basen gesteckt und auf dem Spielfeld positioniert und ihre dazugehörigen Spielkarten mit der detaillierten Beschreibung ihrer Fähigkeiten müssen ebenfalls erstmal rausgesucht werden. Was sich hier schnell beschreiben lässt, dauert in der Vorbereitung gern mal eine halbe Stunde. Darüber hinaus ist es zu meiner allgemeinen Verwunderung ein sehr schnelles Spiel. Jede Spielrunde besteht aus vier Phasen: Die Befehlsphase, das Spielen von Ereignis- und Reaktionskarten, die Aktionsphase und als letztes die Reorganisationsphase.

Die Befehlsphase ist mit Sicherheit das Herzstück des Spiels. Jede Einheit auf dem Schlachtfeld hat einen von vier Befehlen: Angriff, Verteidigung, Manöver und Reserve. Je nach Szenario wird der erste Befehl diktiert oder von einem selbst bestimmt. Die eigentlich selbsterklärenden Befehle können vom Spieler selbstverständlich geändert werden. Jedoch nicht durch stumpfes Zurufen der Spieler am Spieltisch. Befehle können nur geändert werden, indem man durch den Oberbefehlshaber eine Depesche an die Unterbefehlshaber schickt. Dazu ist relevant, dass die beiden Befehlshaber in einer gewissen Reichweite zueinander stehen, andernfalls kommt die Depesche erst gar nicht an. Ist es möglich eine Depesche zu senden, muss geprüft werden, ob der Befehl auch verstanden wurde. Dazu orientiert man sich an den mitgelieferten Tabellen und aufgedruckten Werten. Zur eigentlichen Probe wirft man einen W10. Liegt das summierte Ergebnis über elf, ist die Depesche beim Unterbefehlshaber angekommen und verstanden worden. Jetzt ist nur noch die Frage, ob alle ihm unterstellten Einheiten sich noch in seiner Befehlsreichweite befinden, um eben gemäß des eingegangenen Kommandos zu handeln.
Sind die Befehle bestimmt, geht man zur nächsten Phase über. Hier dürfen wir mit Ereignis- und Reaktionskarten abseits unserer üblichen Möglichkeiten ins Kampfgeschehen eingreifen. Von diesen Karten erhält man pro Runde zwei neue. Mit ihren Fähigkeiten können sie mehr als nur einmal den entscheidenden Unterschied machen.
Und dann endlich sind wir beim Kampf. In der dritten Phase führen die Einheiten ihre Befehle aus, dabei kommt es endlich zur ersehnten kriegerischen Auseinandersetzung. Damit dabei noch Zucht und Ordnung herrscht, steht auf jedem aktiven Befehlsmarker eine Zahl. In aufsteigender Reihenfolge führen die einzelnen Truppen ihre Aktionen aus. Ähnlich wie bei der Befehlsweitergabe gibt es für den Kampferfolg eine Würfelprobe, die wiederum nach bestimmten Regeln modifiziert wird. Beispielsweise ist es für einen Artillerieangriff relevant, in welcher Distanz die feindlichen Truppen stehen, in welcher Formation die Truppen auf ihrem Feld gruppiert wurden und wie viele Kanoniere noch übrig sind, um die eigene Kanone zu bedienen. Auch auf welchem Gelände die Kanone und die beschossene Einheit steht und ob es zwischen den beiden noch Höhenunterschiede in Form von Geländeplateaus gibt. Alles in allem eine ganze Menge, die man bei jedem Angriff zusammensuchen und zählen muss. Bei einem Erfolg wird dann das Kampfergebnis bestimmt. Dafür ziehen wir die oberste Karte von Ereignis- und Reaktionskartenstapel. Auf jeder dieser Karten ist an der Seite eine Skala abgedruckt, auf der man die Folgen des Kampfes ablesen kann. Mögliche Ergebnisse sind Moralverlust und dadurch entstehende Unordnung, Einheitenverlust oder sogar ein verwundeter Befehlshaber.
In der letzten Phase, der Reorganisationsphase, wird dann versucht, die gegebenenfalls ungeordneten oder zerschlagenen Truppenverbände in unterstützender Zusammenarbeit mit ihren Befehlshabern anhand von Moraltests wieder in Richtung Frontlinie zu bewegen.

Ein so umfangreiches Spiel verdient auch einige Worte zum Spielmaterial. Alle Figuren sind hochwertig gearbeitet und schon ausgelöst in Beuteln verpackt. Detailverliebte und Begabte bekommen neben dem kompletten Spielpaket also auch die Möglichkeit die Miniaturen zu bemalen, so wie es auch bei den großen Tabletop-Spielen üblich ist. Alle benötigten Marker sind ebenfalls solide gefertigt und der Karton bietet genügend Platz für eine sinnige Aufbewahrung des Materials. Ein paar Abzüge gibt’s hier aber leider doch. Vorab wird nicht darauf verwiesen, dass einige Figuren (Kanonen und Reiter) vor dem ersten Spiel geklebt werden müssen. Auch der dafür benötigte Kleber wird nicht mitgeliefert. Dazu kommt, dass die Räder der Kanonen aufsteckbar sein sollen. Allerdings führen das weiche Plastik und die enge Passung der Räder ihren ganz eigenen Kampf neben dem Schlachtgetümmel aus. Letzter Kritikpunkt: die Schlachtfelder. Bei mir waren die Spielfelder schon vor dem ersten Spiel gewölbt und lagen somit nicht flach auf dem Tisch, was sich bei Truppenbewegungen an den Übergängen als lästig herausstellte.

Spieletester

18.08.2013

Fazit

Wenn man sich die Mühe macht nachzuschauen, oder in seinem Gedächtnis nach alten Geschichtsstunden in der Schule kramt, merkt man, dass die Kampfschauplätze und Offiziere die gleichen Namen im Spiel haben, die sie auch in der Realität einst trugen. Purer Zufall? Natürlich nicht! Man spürt schnell, dass sich bei den Schlachtfeldern, Einheiten und Offizieren sowie dem Regelwerk um die Befehlsketten jemand richtig Mühe gegeben hat und es vorher einer anständigen Recherche bedurfte. Aber war das Ganze dann auch noch angenehm spielbar? Leider nein. Es wollte einfach kein Spielspaß aufkommen. Gerade die zahlreichen Moral-, Befehls- und Angriffstests mit ihren unglaublich zahlreichen Modifikatoren unterbrachen stets den Spielfluss. Denn für die genaue Ausführung der einzelnen Aktionen war das stete Studieren der Tabellen für Geländearten, Formationen und Co unerlässlich. Hatte man dann den Kampf erfolgreich bestritten, ließ das Erfolgserlebnis auf sich warten, denn es musste ja die Ereigniskarte zur weiteren Bestimmung der Folgen gezogen werden. Meist kam hier prompt der nächste Test in Sachen Truppenmoral mit erneut eigenen Einflüssen zu tragen und wenn die Moral dann doch ins Wanken kam, starben nicht etwa Truppen, nein, sie wurden ungeordnet und konnten meist in der Reorganisationsphase leicht wieder, der aufmerksame Leser kann es vielleicht schon erraten, durch einen Moraltest in Reih und Glied gebracht werden. Reichlich unbefriedigendes Spielerlebnis wenn man sich zum Start auf eine heroische Schlacht gefreut hat. So beschlich mich häufig das Gefühl „Hab ich die Regeln wirklich richtig verstanden oder ist das grad wirklich alles so blöd hier?“ Leider ließen die Regeln immer mal wieder ein paar Fragen offen. Ich hab mir mehr als einmal gewünscht im Regelheft ein paar aufwendigere Fallbeispiele mit Fotos oder Skizzen bis ins kleinste Detail erklärt zu bekommen. Aufkommende Regelprobleme, die sich im Spielverlauf ergaben, konnten auch nicht durch weiteres Studieren des Hefts geklärt werden. Bei dieser Komplexität zwar nachvollziehbar, in punkto Spielvergnügen war es aber dann der finale Todesstoß. In Battles of Napoleon steckt ohne Frage viel Arbeit und Liebe zum Detail. Das ist halt nur die Grundvoraussetzung für ein gutes Spiel, nie aber der Garant. Beim ersten Öffnen des Kartons dachte ich mir noch „WOW…“. Beim Parken im Schrank war der Gedanke leider zu „Wow, bist du schwer, groß und unhandlich“ ausgereift.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Nexus Editrice
Grafiker: Mike Doyle
Genre: Tabletop
Zubehör:

1 Regelheft 1 Szenarienheft 2 Kurzübersichtskarten 100 Französische Truppen: 8 Offiziere, 4 zu Pferd 4 zu Fuß 12 Kavalleristen 48 Infanteristen 2 Artillerie Batterien bestehend aus 8 Kanonieren und 8 zusammengesetzten Teilen für zwei Geschütze 100 Britische Truppen: 8 Offiziere, 4 zu Pferd 4 zu Fuß 12 Kavalleristen 48 Infanteristen 2 Artillerie Batterien bestehend aus 8 Kanonieren und 8 zusammengesetzten Teilen für zwei Geschütze 150 Basen: 64 doppelte Basen für Infanterie 48 einfache Basen für Kavallerie 10 einfache Basen für aufgesessene Offiziere 8 einfache Basen für Offiziere zu Fuß 20 einfache Basen für leichte Infanterie 120 Spielkarten: 13 französische Offizierskarten 18 französische Einheitenkarten 13 britische Offizierskarten 22 britische Einheitenkarten 54 Ereignis-/Reaktionskarten 20 Befehlsmarker 6 Feuer-Marker 6 Nahkampf-Marker 6 Kavallerie-Angriffs-Marker 6 Ermattungs-Marker 14 Unordnungs-Marker 10 Zerschlagungs-Marker 4 verwundete Befehlshaber-Marker 4 Karree-Marker 20 Munitions-Marker 12 Außerhalb-des-Befehlsradius-Marker 16 Depesche-Marker 6 Ziel-Marker 24 Identifikations-Marker 2 Würfel 4 Spielbretter, beidseitig bedruckt 6 Gelände-Pappteile

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