Vinhos

Nach „Vasco da Gama“ hat der Verlag Whats your game? mit Vinhos ein weiteres komplexes Brettspiel veröffentlicht. Der Name kommt aus dem portugiesischem und bedeutet schlichtweg „Weine“ und genau in Portugal nehmen die Spieler die Rolle eines Weinproduzenten ein, der versucht, seine Weine im In- und Ausland gewinnbringend zu vermarkten. Den Rebensaft als Thema haben neben dem italienischen Verlag auch andere aufgegriffen und folgt wie die Spiele King´s Vineyard, Grand Cru und Toscana einem scheinbar aktuellen Trend.

In Vinhos haben die Spieler sechs Jahre Zeit, um ihr Geschäft mit dem Wein expandieren zu lassen. Dazu kaufen sie Weinberge in den verschiedenen Regionen Portugals, bauen entsprechende Weingüter und Weinkeller, stellen Önologen zur Verbesserung der Weinqualität ein und verkaufen ihre Produkte an lokale portugiesische Geschäfte. Um sich aber auch einen guten Ruf auf dem internationalen Weinparkett zu sichern, sollte auch die Nachfrage verschiedener Länder nach qualitativ hochwertigen Weinen befriedigt werden. Auf der in regelmäßigen Abständen stattfindenden Weinausstellung, der „Feira Nacional do Vinho Portugues“, werden die besten Weine präsentiert und prämiert, was dem Ansehen der entsprechenden Weinproduzenten natürlich zugute kommt.

Um es schon mal vorweg zu nehmen, Vinhos ist ein sehr komplexes Spiel mit einer sehr hohen Einstiegshürde. Wer sich durch die gut beschriebene Spielanleitung gekämpft hat oder wie ich das Glück hatte, das Spiel erklärt zu bekommen, der wird mit einem sehr schönen und abwechslungsreichen Spiel der Extraklasse belohnt. Zu Spielbeginn startet jeder Spieler mit 4 unbebauten Grundstücken und den dazugehörigen Lagerhallen mit jeweils 2 Lagerfeldern auf einer Spielertafel. Neben diversem Spielmaterial wie Holzfässer und Markierungssteine bekommt er entsprechend der Spielreihenfolge Bargeld.

Ich werde hier jetzt nicht jedes einzelne Detail von Vinhos erklären, das würde eindeutig den Rahmen sprengen, sondern nur auf die wesentlichen Abläufe und wichtigsten Merkmale eingehen. Das detailreich und bunt gestaltete Spielbrett ist in mehrere Bereiche aufgeteilt, die sich rund um den Aktionsbereich in der Mitte des Planes anordnen. Ähnlich wie beim bekannten Rondell von Autor Mac Gerdts können die Spieler im Aktionsbereich mit ihrem Marker eine von neun verschiedenen Aktionen auslösen, wobei ein Schritt in ein angrenzendes leeres Feld kostenlos ist, jeder weitere Schritt kostet 1000 Bagos in Bar. Für jeden fremden Spielmarker und auch den Rundenmarker in dem Zielfeld müssen jeweils weitere 1000 Bagos berappt werden. Auf sechs der neun Felder des Aktionsbereiches erfolgt die Anzeige der aktuellen Spielrunde mittels eines Rundenmarkers.

In der "Banco do Vinho", einem der neun Aktionsfelder, existiert für jeden Spieler ein eigenes Bankkonto, in dem sein Vermögen in Tausend angezeigt wird. Der Kontostand wird über Lohnzahlungen und Gutschriften für Einkünfte beeinflusst. Auf der nebenstehenden Leiste werden Investitionen und Barauszahlungen (hier Desinvestitionen genannt) markiert, die sich direkt auf den Kontostand auswirken. Ablesbar sind hier auch die am Ende jeden Jahres anstehenden Zinszahlungen. Alle Käufe (Weinberge, Weingüter, Weinkeller) oder Einstellungen (Önologen, Weinexperten) müssen die Spieler in Bar tätigen. Wird Bargeld benötigt, muss das entsprechende Aktionsfeld der Bank aufgesucht und Geld über eine Desinvestition abgehoben werden. Lohnzahlungen an die eingestellten Önologen und Zinsen, die für Investitionen fällig sind, werden während der Phase "Unterhalt" unbar über das Bankkonto beglichen oder gutgeschrieben.

Doch kommen wir nun zum eigentlichen Spielablauf, der über 6 Runden sprich 6 Jahre geht. Jede Runde beginnt mit dem Aufdecken des Weinleseplättchens und der Wettervorschau des aktuellen Jahres. Das Wetter hat Einfluss auf die Weinproduktion am Ende des jeweiligen Jahres und auf die verschiedenen Merkmale der Weine. Diese werden im Ausstellungsbereich mit kleinen Markern für Geschmack, Geruch, Aussehen und Alkoholgehalt gekennzeichnet. Weiters zeigt das Weinleseplättchen an, auf was die Manager in diesem Jahr Wert legen. Dies sind Weine einer bestimmten Farbe (also Rot oder Weiß), einer bestimmten Qualität und Region.

In jeder Runde führen die Spieler zwei von neun möglichen Aktionen aus, in dem sie ihren Spielmarker im Aktionsbereich auf das entsprechende Feld bewegen und eventuell anfallende Kosten bezahlen.
Es können Weinberge gekauft, Weingüter gebaut, Önologen eingestellt, Weinkeller ausgebaut, Wein verkauft oder exportiert, Weinexperten angeworben, Bankgeschäfte getätigt, Wein für die nächste Ausstellung angekündigt oder gepasst werden. Zusätzlich können Vorteile in Anspruch genommen werden, die von den drei Managern angeboten werden.
Durch diese kleine Aufzählung der möglichen Aktionen wird bereits deutlich, wie komplex und vielfältig der Ablauf eines Spieljahres ist. Keiner der Spieler darf dabei dieselbe Aktion zweimal hintereinander ausführen. Das bedingt auch die Regel, dass der eigene Marker definitiv bewegt werden muss. Eine Ausnahme stellt lediglich das mittlere Aktionsfeld „Pressemitteilung/Passen“ dar. Hierhin dürfen auch mehrere Spieler ziehen, ohne jegliche Kosten dafür zu bezahlen.

Nach der Durchführung der zwei Aktionen folgt die Phase "Unterhalt", in der die Spieler ihre positiven oder negativen Zinsen berechnen und die Löhne ihrer Önologen bezahlen. Entsprechende Veränderungen erfolgen direkt mit dem Anzeigemarker auf dem Bankkonto. Können keine Löhne gezahlt werden, müssen die Önologen entlassen werden. Bei säumigen Zinszahlungen verliert der Spieler ein Weingut oder Weinberg. Der Verlust von 2 Siegpunkten ist ebenfalls zu beklagen.

In der anschließenden Phase „Produktion“ werden zunächst alle Weinmarker in den Lagerhallen und Weinkellern der jeweiligen Spieler um ein Feld nach rechts verschoben. Gibt es kein rechtes Feld mehr, kann der Wein nicht länger gelagert werden, ist verdorben und muss vernichtet werden. Dann bekommt jeder Spieler je Weinberg auf seinen Grundstücken ein Plättchen des entsprechenden Weines. Dabei wird der Produktionswert des Weines in Abhängigkeit der vorhandenen Weinberge, Weingüter, Önologen auf dem Grundstück und den Wetterbedingungen berechnet. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass sich der spätere Wert eines Weines bei Verkauf, Export oder dem Präsentieren auf einer Weinausstellung deutlich vom ursprünglichen Produktionswert unterscheiden kann. Denn dann richtet sich sein Wert zusätzlich auch noch nach dem Bekanntheitsgrad der Region, aus dem der Wein kommt und nach Reifung im Weinkeller.

Nach dieser Phase endet in der 1., 2. und 4. Runde das Weinjahr und eine neue Wettervorschau startet mit dem Aufdecken des Weinleseplättchens in das neue Jahr. Sind wir allerdings am Ende des 3., 5. und 6. Jahres angelangt, findet eine „Weinausstellung“ statt. Jeder Spieler muss spätestens jetzt einen Wein auswählen, den er zu dieser Ausstellung präsentieren möchte. Auf der umlaufenden Punkteleiste des Ausstellungsbereiches markieren die Spieler die Punkte, die sie für ihren Wein mittels der im Verlauf der vorherigen Spielrunden erworbenen Weinexperten erhalten. Jeder Weinexperte hat sich auf ein Merkmal wie Geruch, Geschmack, Alkoholgehalt und Aussehen spezialisiert und bringt entsprechend Ausstellungspunkte. Wer jetzt nach einer der Ausstellungen auf der Ausstellungspunkteleiste vorne steht, bekommt zwischen 9 (im 3.Jahr) und 15 (im 6.Jahr) Siegpunkte, die auf der Punkteleiste des Hauptspielplanes markiert werden. Da die Positionen auf der Ausstellungspunkteleiste erhalten bleiben, ist es immens wichtig, hier nicht zu weit zurückzufallen. Andererseits wird Startspieler für das nächste Jahr, wer hier ganz hinten steht.

Nach der 3. Ausstellung am Ende des 6. Jahres endet auch das Spiel und die Spieler erhalten noch Siegpunkte für Mehrheiten in den Spalten der ausländischen Märkte (Export), für den Kontostand des Bankkontos und über diverse Multiplikatoren aus dem Managerbereich. Wer jetzt die meisten Siegpunkte sein Eigen nennen kann, ist Spielsieger und erfolgreichster Weinproduzent Portugals.

Spieletester

Fazit

Wie ich bereits zu Beginn meiner Rezi geschrieben habe, ist Vinhos ein sehr komplexes Brettspiel, dessen Mechanismen eng miteinander verzahnt sind und die nicht gleich im ersten Spiel alle sofort präsent sind. Man benötigt da schon ein paar Partien, um alle taktischen Möglichkeiten überhaupt fassen zu können. Etwas gewöhnungsbedürftig war für mich die Abhandlung in der „Banco do Vinho“ mit dem Konto und der Investitionsleiste. Die Weinausstellung kann durchaus als Spiel im Spiel bezeichnet werden, nicht nur wegen der eigenen Punkteleiste. Die Inanspruchnahme der Manager sollte keinesfalls vernachlässigt werden, denn hier können sich die Spieler selbst mit billigem Wein große Vorteile verschaffen. Da diese oftmals erst zum Schluss wirklich zum Tragen kommen, ist schon so manche Partie hier entschieden worden. Das Material ist von ausgezeichneter Qualität, der verwendete Karton ausreichend dick und stabil und die kleinen Holzfässer eine Augenweide. Auch die Grafik des Spielplanes hat mich begeistert. Lediglich bei den sehr klein geratenen Weinplättchen könnte ein pingeliger Spieler Anstoß finden. Für mich ist das schlichtweg „Edelmeckern“, denn Vinhos kann auf ganzer Linie überzeugen und begeistern. Der Verwaltungsaufwand hält sich wider Erwarten sehr in Grenzen und ist schlichtweg als gelungen zu bezeichnen. Mir persönlich hat Vinhos sehr gut gefallen und ist für mich eines der Highlights des Spielejahrgangs 2010/11. Das Thema Weinproduktion und Vermarktung ist stimmig umgesetzt und in dieser Form einzigartig. Wer in Essen 2010 das Risiko der Vorbestellung ohne Probespiel eingegangen war, wird im Nachhinein nicht enttäuscht und kann sich über ein Klassespiel freuen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Autor: Vital Lacerda
Grafiker: Mariano Iannelli
Zubehör:

1 Spielplan 4 Spielertafeln 204 verschiedene Plättchen 36 Banknoten 15 regionale Bekanntheitswürfel 4 Merkmale Marken 1 Spielrunden/Steuern Marker 8 Önologen 4 Aktionsmarker 32 Fässer 36 Scheiben

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