Ruhm, was bedeutet das eigentlich bei my Village? Im Grunde wurden die brettspielüblichen Siegespunkte hier in Ruhmespunkte umgetauft. Unspektakulär? Ja vielleicht, aber zum Spiel passend und deswegen sehr angenehm einfach mal etwas anderem hinterher zu jagen.
Ruhm erlangt unser Dorf unter anderem durch die Aktivitäten der verschiedenen Dorfmitglieder. Beispielsweise kann der Abt den Grundstein für eine neue Kirche legen und einige Mönche um sich scharen, der Krämer hingegen versucht Kunden zu bedienen, die fortan nur in den höchsten Tönen von der Versorgung in unserem Dörfchen sprechen werden.
Ehre meinem Stande
Mittel zum Zweck sind dabei die Ständebanner – eins von zwei Kernelementen der Spielmechanik von my Village. Zu Beginn jedes Zuges würfelt der Startspieler den kompletten Satz Würfel, der abhängig von der Spielerzahl bereitgelegt wird. Reihum muss jeder Spieler mit zwei der geworfenen Würfel einen Bannerwert bestimmen (Summe der Augenzahl). Der errechnete Bannerwert erlaubt schwarze oder beliebig viele weiße Banner mit dem gleichen Wert zu aktivieren.
Schwarze Banner sind meist auf Karten in der allgemeinen Auslage zu finden. Ihre Bezahlung/Aktivierung durch das Banner „baut“ sie für das Dorf aus. Dabei werden sie umgedreht. Auf ihrer Rückseite befindet sich oftmals ein weißes Banner, mit dem sich im folgenden Spielverlauf ihre erworbene Eigenschaft im Dorf aktivieren lässt.
Zum Beispiel die Brauerei: Eine Ausbaukarte die zu unserem Handwerker gelegt wird und zu Beginn des Spiels für einen schwarzen Bannerwert von „5“ oder „8“ aus dem allgemeinen Vorrat erworben werden kann. Nach dem Erwerb wird die Karte umgedreht. Das weiße Banner wird sichtbar und darf jetzt in den folgenden Runden als solches aktiviert werden, um ein Bier zu produzieren.
Am Ende der Zeit steht für jeden der Tod…
Somit sei über die Banner genug gesagt. Das andere entscheidende Mechanikelement für my Village ist die Zeit. Die Zeit sitzt jedem im Nacken, auch unseren Dorfbewohnern. Wenn wir fahrlässig mit ihr umgehen, holt sie alle der Tod.
Viele der Karten verbrauchen bei ihrer Banneraktivierung zusätzlich Zeit (gekennzeichnet durch kleine Sanduhren unterhalb der Bannerwerte). Wann immer wir eine oder mehrere Karten mit Zeitkomponenten aktivieren, müssen wir die verbrauchte Zeit in der Mitte unseres Dorftableaus mit einem Marker Schritt für Schritt abgehen. Wenn der Marker eine Runde vollzogen hat und damit den „Gevatter Tod“ passiert, rafft dieser einen unserer Dorfbewohner dahin.
Wen wir hinübergleiten lassen, ist unsere Entscheidung. Ein wenig totalitär, aber diese Wahl ist eben auch nicht ohne Folgen. Der jüngst verstorbene Dorfbewohner kann fortan seinen Bereich nicht mehr pflegen. Heißt, ohne Ständevertreter kein Fortschritt in diesem Spielbereich.
Um dem Tod entschlossen entgegenzutreten und das Dorf einigermaßen intakt zu halten, können wir Nachwuchs heranziehen. Die Schule ist für jeden Spieler zugänglich. Für eine „3“ oder „11“ können wir eine neue Fachkraft heranziehen. So können wir den zeitlichen Verfall unserer Einwohner halbwegs kompensieren.
Unsere Verstorbenen werden auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt. Aber Vorsicht, der Geruch des Todes lockt Ratten an. Wann immer ein Dorfbewohner das Zeitliche segnet, rückt eine Rattenplage allen Spielern näher. Bei einer Rattenplage verliert jeder Spieler die Hälfte seiner bis dato gesammelten ungesicherten Ruhmespunkte. Ist eine gewisse Anzahl (Spielerzahlabhängig) an Ständevertretern gestorben, endet das Spiel.
Ausstattung
Das Regelwerk wirkt komplex und umfangreich, gehört aber zu denen, die nach dem ersten Mal Lesen sehr verständlich werden. Auch in den ersten Partien sind kaum Folgefragen aufgetaucht – top.
my Village ist durchweg sehr gut verarbeitet. Auch die einzelnen Bestandteile sind weitestgehend gut durchdacht. Insbesondere Haptik und Beständigkeit überzeugen. Allerdings hätte man das ganze Spiel platzsparender gestallten müssen. Der übliche Spieletisch bietet kaum genug Platz für den allgemeinen Vorrat, geschweige denn für den persönlichen Spielbereich der einzelnen Spieler – zu viel und zu groß.
Bei einem Spiel mit zahlreichen identischen Bestandteilen wäre eine sinnvoll konstruierte Plastikeinlage sehr entgegenkommend gewesen. Die klassische Leerschachtel zum Reinwerfen wirkt ein wenig überholt und lieblos.
Spieletester
Fazit
Handwerksbetriebe errichten, Ressourcen sammeln, Mönche mit Ressourcen anwerben.
Handwerksbetriebe errichten, Ressourcen sammeln, Reisenden mit Ressourcen unterstützen.
Handwerksbetriebe errichten, Ressourcen sammeln, Kunden am Markt Ressourcen veräußern.
Zudem ist die Reise spätestens nach fünf Etappen zu Ende und in der Kirche finden maximal sechs Mönche Platz. Ist das Spiel bis dahin nicht dem Ende nahe, hängt man wieder auf dem Markt. Das mag dem Spiel gegenüber unfair und zu stark vereinfacht wirken, kann aber für mich genau darauf reduziert werden, zumal auch nur die komplette Ausrichtung auf die Bereiche maximale Punkte verspricht. (Letzter Mönch/letzte Etappe gibt erheblich mehr Punkte als der/die erste).
Alle anderen Ruhmespunkterträge sind in jedem Spiel nur netter Nebenerwerb und ergeben sich auch ohne besondere Ausrichtung – mal mehr, mal weniger.
Die theoretische Vielfältigkeit weicht in der Praxis ernüchternder Routine. Also ein schlechtes Spiel? Nein. Ganz wie bei anderen Titeln, die Varianz antäuschen (z.B.: Russian Railroads), braucht man einige Partien, bis die Mechanik an Reiz verliert. Bis dahin macht es Spaß und my Village muss nicht nur Vielspielern vorbehalten bleiben.
Plus
- Optik, Verarbeitung & geschichtliche Gestaltung
- Sehr passende Alternative zu den üblichen Siegespunkten
Minus
- Platzbedarf auf dem Tisch
- nicht zweckmäßige Schachtel
- repetitives Spielgefühl
Besucherkommentare
Mir fehlt im Artikel ein Bezug zu Village. Ist My Village eine neue Spielidee? Eine Verbesserung? Eine Erweiterung? Ein Muss wenn man Village liebt? ...
ja, unpraktischerweise hab ich "Village" selbst nicht gespielt. Erst beim Erhalt der Packung, der Betrachtung der Aufmachung und einem kurzen Stilabgleich im Netz ist mir dann aufgefallen, dass die beiden Titel nicht völlig von einander losgelöst sein können. Ich hab mich mit Freunden darüber unterhalten, die Village gespielt haben. Im Spielaufbau sind beide Titel unterschieldich. Nur Ausnahmen, wie die Dorfchronik bspw ist in beiden enthalten. Ansonsten ist wohl das Thema und der Umgang und die Gestaltung identisch. Das Gespräch ließ eher darauf schließen, dass Spielerlebnis und -gefühl eher abweichen. Tut mir Leid wegen der vagen Angaben.
Kommentar verfassen
Details
1 Zentralplan
4 Dorfpläne
4 Oberhäupter
4 Zeitmarker
12 Standardwürfel (8 weiße, 3 schwarze, 1 grauer Rattenwürfel)
1 Rattenspielstein
4 „Gevatter Tod“ Aufsteller
1 Wertungsblock
58 Geschichten-Punkte-Plättchen
70 Holzmarker
4 Tagelöhner-Plättchen
1 Startspieler-Hand
4 „2/12er“-Plättchen
4 Übersichtskarten
104 Dorfkarten (4 Kirchenkarten, 12 Mönchskarten, 4 Rathauskarten, 4 Versammlungskarten, 8 Kornfeldkarten, 19 Reisekarten, 20 Handwerksgebäudekarten, 33 Kundenkarten)
2 Anleitungen (deutsch/englisch)
Statistik
Derzeit findest Du auf spieletest.at
7371 Gesellschaftsspiele-,
1667 Videospielrezensionen
2221 Berichte.