Shafausa

Eine äußerst amüsante und vielversprechende Idee als Hintergrund für ihre Spiele hatte der erst im März 2012 gegründete Kleinverlag aus der Schweiz, Helvetia Games. Sie übertrugen die Schweiz an sich und die sprichwörtlichen Eigenheiten der Bewohner der einzelnen Kantone, in eine Fantasywelt namens Helvetia. Jeder der Schweizer Kantone verwandelt sich dabei in eigenes Reich mit einem ganz speziellen Fantasy-Volk als Bewohner. Der Ruf der echten Bewohner der einzelnen Kantone den sie jeweils in den restlichen Bereichen der Schweiz genießen, sollte dabei augenzwinkernd mithelfen, ihnen ein bestimmtes Fantasy-Volk zuzuordnen. So werden z.B. der Berner Kanton zum Reich Berena mit den Bären als Einwohnern, Graubünden zum Reich Grisa mit dem Volk der Ogern als Bewohner, Zürich wird zu Zugriga, wo die Vampire hausen, oder Genf zu Gineva mit den Diplomaten als Bewohnern. Zu jedem dieser Reiche und dessen Volk gibt es auf der Hompage des Verlages etliches an Hintergrundinformationen zu finden. Man bemerkt schnell, dass sich die Mitarbeiter von Helvetia Games viel Mühe beim Entwurf einer stimmigen und unkonventionellen Hintergrundgeschichte gegeben haben und dass in dieser sehr viel Potential steckt.

Im Spiel Shafausa selbst können die teilnehmenden Spieler unter den Völkern der Diplomaten von Gineva, der Oger von Grisa, der Vampire von Zugriga, der Zwerge von Shafausa, der Zauberer von Sanagal, der Elfen von Luserna, der Hellebardenkrieger von Primitiva und der Selbstjustizler von Tessina wählen. Diese alle wollen mit einem florierenden Rohstoffhandel Geld verdienen und damit nebenbei die Infrastruktur ihres Reiches auf Vordermann bringen. Im Spiel kann zwischen einer einsteigerfreundlichen Familienversion und der umfangreicheren Geek-Version gewählt werden. Zusätzlich gibt es noch die Colonial-Variante, in der sich die Völker komplett frei von Vorgaben entwickeln können.

Entsprechend der gewählten Spielvariante wird der Spielplan aus mehreren beidseitig bedruckten Elementen zusammengestellt. Jeder Spieler erhält ein Tableau, auf welchem alle Vorgaben für sein Volk verzeichnet sind. Abhängig von der Spielvariante werden zusätzlich alle sonstigen Spielelemente verteilt. Jede Spielrunde besteht aus sieben Phasen: Rohstoffabbau, Festlegung der Spielerreihenfolge, Kauf von angebotenen Gebäuden bzw. Lagerhäusern, die eigentliche Aktionsphase, Rohstoff- bzw. Gebäudeverwaltung, Spekulationen am Rohstoffmarkt und als letztes die Überprüfung der Bedingungen für das Spielende.

Auf dem Tableau eines jeden Volkes ist eine Landschaft dargestellt, die nach und nach besiedelt werden kann. Dazu müssen die bis zu fünf Städte gegründet werden, denn nur deren Gründung schaltet wiederum vier bis fünf Bauplätze frei. Dort können dann gegen Geld Gebäude oder gegen Rohstoffe die wichtigen rohstoffliefernden Minen errichtet werden. Wie viele Minen errichtet werden können, ist abhängig von der Anzahl der Minenarbeiter, die für das Volk schuften. Zusätzliche Minenarbeiter müssen natürlich erst angeworben werden. Rohstoffe, die in der aktuellen Runde nicht verbraucht werden, können in Lagerhäusern gelagert werden. Auch hier müssen, wenn notwendig, zusätzliche Lagerhäuser freigeschaltet werden. In Shafausa gibt es sechs verschiedene Rohstoffe und natürlich die entsprechenden Minen, in denen sie abgebaut werden. Um an Geld für den Gebäudebau zu kommen, müssen Rohstoffe verkauft oder teilweise als Baustoff eingekauft werden. Für diese Kauf- bzw. Verkaufsmöglichkeiten gibt es für jeden Rohstoff eine separate Rohstofftafel mit den entsprechenden Preisen. Während der Kauf- oder Verkaufaktionen ändern sich diese nicht, wohl aber in der Spekulationsphase, in der alle Spieler gegen ein entsprechendes Entgelt bewusst die Preise verändern können. Eine interessante Möglichkeit, wenn man z.B. in einigen Lagerhäusern kostbares Kupfer liegen hat und dieses zu Geld machen will. Sind alle Städte eines Spielers errichtet und die entsprechend freigeschalteten Bauplätze besetzt, endet das Spiel.

Shafausa ist ein kombiniertes Aufbau- und Wirtschaftsspiel, in welchem dem Spieler auf den ersten Blick sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten und Wege zur Entwicklung des eigenen Volkes zur Verfügung stehen. Leider münden allerdings alle diese Wege in einen Wettlauf, um jeweils am schnellsten die Mine für die höherwertigeren Bodenschätze bauen zu können. Gebäude sind zwar nettes Beiwerk, aber nicht spielentscheident. Zudem kann das Geld für deren Bau nur über den Verkauf von Rohstoffen generiert werden. So machte sich in den Test-Spielrunden schnell Ernüchterung breit. Hinzu kamen schwerwiegende Designmängel, die die Spielatmosphäre zusätzlich reduzierten. Die komplette, wahrscheinlich in Asien gedruckte Grafik ist viel zu dunkel, teilweise ist das Spielzubehör, insbesondere manche Münzmarker oder die Wechselkurs-Markierungen, viel zu klein und damit für normal proportionierte Finger schon fast nicht mehr greifbar. Trotz der lobenswerten Menge an Material werden Spielhilfen für die einzelnen Spieler schmerzlich vermisst. Die Spielregel für die Familienversion wird erst dann verständlich, wenn man auch die Spielregel für die Geek-Variante gelesen hat. Für bestimmtes beiliegendes Material fehlt die Erklärung in den Regeln komplett, erst auf BGG wird der geplagte Spieler fündig. Die Krone setzt dem Ganzen der in einigen wichtigen Punkten unterschiedliche Regeltext zwischen der falschen deutschen und der richtigen englischen Regel auf. Für mich unverständlich, hielt ich doch Deutsch in der Schweiz für eine der vier Amtssprachen.


Spieletester

22.04.2013

Fazit

Unter dem Strich bleibt nur Ernüchterung und fast schon ein wenig Traurigkeit. So haben sich einige Spiel-Enthusiasten eine unglaubliche Mühe gegeben, um eine stimmige und schon fast ironische Hintergrundgeschichte zu erarbeiten, haben bestimmt viel Herzblut und ebensoviel Kapital in ihr Spiel gesteckt und ruinieren sich dann das Endergebnis durch absolut unnötige Designfehler. Hier wären ein halbes Jahr mehr Feinschliff durch zusätzliche Testrunden und eine entsprechende Qualitätskontrolle des fertigen Produktes bitter nötig gewesen. Natürlich drängt sich in diesem Zusammenhang aus den verschiedensten Gründen auch ein Vergleich zu Terra Mystica von Feuerland Games auf, denn dort wurde ausgehend von einer ähnlichen Grundsituation vieles deutlich besser gelöst. Bedingt durch die vielen vorgenannten Mängel kann für Shafausa unter dem Strich leider derzeit keine Kaufempfehlung ausgesprochen werden. Bleibt nur die Hoffnung auf eine zweite, bereits vage angekündigte Auflage, welche hoffentlich die groben Schnitzer der vorliegenden Auflage ausmerzt.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 55,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: Helvetia Games
Genre: Wirtschaft
Zubehör:

1 Verwaltungstafel (beidseitig bedruckt), 7 Rohstofftafeln (beidseitig bedruckt), 8 Spielerkarten (beidseitig bedruckt), 6 Minenarbeiterkarten (beidseitig bedruckt), 6 Memokarten (beidseitig bedruckt), 24 Spielfiguren in 6 verschiedenen Farben, 1 schwarzer Sack, 220 Rohstoffe (Holzquader) (50 Holz, 50 Stein, 50 Eisen, 40 Kohle, 40 Kupfer, 25 Silber, 25 Gold), Münzen mit den Werten 1, 5, 10, 50, 55 Gebäudeplättchen, 2 Gebäudeplättchen Ingenieurbüro, 80 Minenplättchen (doppelseitig bedruckt), 14 Handelsmarkierungen, 26 Aufbauplättchen (nur für die Variante COLONIAL), 24 POWER-Karten (3 pro Volk), 1 Punkteheft, doppelseitig bedruckt, Spielregeln Variante Family, Spielregeln Variante Geek

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