Small World

Sie interessieren sich für fliegende Untote, seefahrende Riesen oder handelnde Ghule? Voilá, dann sollten Sie „Smallworld“ unbedingt einmal eine Chance auf Ihrem Spieltisch geben. „Small World“ bedeutet in etwa “Kleine Welt“ oder aber freier übersetzt: „Viel, viel, viel zu kleine Welt“. Dieser Name ist bei dem nachfolgend rezensierten Spiel Programm.

Viele Spieler werden sich sicher noch an das geniale Spiel Vinci erinnern. Dessen Spielprinzip wurde von Philippe Keyaerts und dem Verlag Asmodee übernommen und in ein Fantasygewand gekleidet und mit etlichen überarbeiteten, sowie zusätzlichen Features ausgestattet. Herausgekommen ist ein aberwitziges und in hochgradigem Maße spannendes Spiel, bei welchem man den Begriff „Fantasy“ nicht unbedingt bierernst nehmen sollte. Mein erstes Zusammentreffen mit „Small World“ stand allerdings unter keinem sonderlich guten Stern. Eine Neuauflage von Vinci und noch dazu in einem quietschbunten, fast überladend wirkendem Look, nein Danke, das bräuchte ich dann wirklich nicht, ich war mit dem Ur-Spiel zufrieden. Zu meinem Glück bin ich dann doch zu einer nachfolgenden Partie überredet worden und habe es nicht bereut.

In einer Fantasy-Welt kämpfen die einzelnen Spieler mit Hilfe klassischer Fantasy-Rassen wie z.B. Orks, Riesen, Trollen und Elfen um die dortige Vorherrschaft. Rundenweise werden Provinzen erobert, befestigt und im ungünstigsten Fall wieder verloren. Am Ende des jeweiligen Zuges gibt es Siegmünzen für jede aktuell im Besitz des Spielers befindliche Provinz. Soweit so banal. Allerdings hat jede der 14 Fantasy-Rassen eine spezielle Eigenschaft, welche mit einer von zwanzig zufällig zu gelosten Spezialfähigkeit kombiniert wird. Somit entstehen diese, weiter oben schon beispielhaft genannten witzigen Rassen- und Klassenkombinationen. Einen sehr großen Pluspunkt sammelt das Spiel allein schon dadurch, dass für jede Spieleranzahl ein speziell entworfener Spielplan zur Verfügung steht. So kann die Karte immer optimal ausgenutzt werden, es müssen keine Bereiche „weggedacht“ werden. Zudem gibt es auch jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Runden. Eine rundum solide und lobenswert hervorzuhebende Leistung!

Die Vorbereitungen für das Spiel gehen schnell von der Hand. Auf dem ausgewählten Spielplan sind gesondert gekennzeichnete Provinzen mit Zivilisationsplättchen zu bevölkern. Weiterhin werden sechs zufällig gezogene Rassen mit ebenfalls zufällig gezogenen Spezialfähigkeiten kombiniert und offen ausgelegt. Außerdem erhält jeder Mitspieler zu Beginn fünf Siegmünzen, welche zugleich Zahlungsmittel und am Ende des Spieles Siegpunkte sind. In Zugreihenfolge suchen sich die einzelnen Spieler nun eine der offen liegenden Fantasy-Rassen aus. Das ist recht knifflig, denn es kommt immer auf das optimale Zusammenspiel der Spezial- und Zusatzfähigkeiten an. Außerdem unterscheiden sich die einzelnen Rassen durch die Anzahl der Einheiten, welche ins Feld geführt werden können. Wird allerdings nicht die erste Rasse der ausliegenden Reihe von einem Spieler erwählt, sondern eine eventuell spannendere, weiter hinten liegende, so muss auf jede vorher ausliegende Rasse eine Siegmünze gelegt werden. So rückt ein Rasse, welche vorher absolut uninteressant war, aufgrund der Siegmünzen-Zugabe recht schnell in die engere Wahl. Für jede entnommene Rasse wird eine neue Rasse mit einer Zusatzfähigkeit zusammengestellt und an das Ende der Liste gelegt.

Hat nun jeder Mitspieler eine Rasse am Start, kann das fröhliche Erobern beginnen. Ausgehend von Randprovinzen können auch Gebiete in der Mitte des Spielplanes erobert werden. Dabei gelten nachfolgende Grundbedingungen, welche allerdings durch Rassenfähigkeiten geändert werden können. Zum Erobern eines Gebietes werden mindestens zwei Einheiten benötigt, für Gebirgsgebiete drei und in Provinzen, welche einer alten Zivilisation oder gar einer anderen Rasse gehören, müssen immer zwei Einheiten mehr eingesetzt werden als bereits dort vorhanden sind. Zudem sind eventuell vorhandene Befestigungsanlagen zu beachten. Sind alle aktuell vorhandenen Plättchen verbraucht, dürfen diese zum Ende des Zuges umgruppiert werden, um sich so eventuell eine bessere Verteidigungsstellung aufbauen zu können, denn jetzt sind die lieben Mitspieler nacheinander an der Reihe. Wird eine Provinz angegriffen und überrannt, muss von den verteidigenden Plättchen in jedem Fall ein Rassenplättchen abgelegt werden. Sollten weitere Plättchen die Provinz mitverteidigt haben, dürfen diese nach dem Ende des gegnerischen Spielzuges umgruppiert und in beliebigen eigenen Provinzen abgelegt werden. Kann nach den Angriffen der Mitspieler jedes eigene Gebiet mit einem Plättchen gesichert werden, dürfen alle darüber hinaus gehenden eigenen Plättchen für die Fortsetzung des Eroberungsfeldzuges genutzt werden. Allerdings wird die Anzahl der dafür zur Verfügung stehenden Plättchen mit jeder Runde kleiner und irgendwann ist mangels Masse kein aussichtsreicher Angriff mehr möglich.

Nun ist der Zeitpunkt gekommen, die Rasse zu wechseln. Dazu kann sich der Spieler analog zum Beginn der Partie eine neue Rasse aus den sechs offen ausliegenden aussuchen und die bisher aktive eigene Rasse wird inaktiv. Das bedeutet, dass die ausliegenden Plättchen in jedem eigenen Gebiet auf eins reduziert und auf die inaktive Seite gedreht werden. Zudem verlieren sie in den meisten Fällen ihre Spezialeigenschaften und können auch nicht mehr angreifen. Somit werden sie natürlich auch eine leichtere Beute für gegnerische Expansionsbestrebungen. Allerdings sollte auch bedacht werden, dass sich nie mehr als zwei Rassen pro Spieler, eine aktive und eine inaktive, auf dem Spielfeld tummeln dürfen. Wird also ein zweites Mal die Rasse gewechselt, werden ausnahmslos alle Provinzen, in welcher die erste Rasse noch inaktiv verblieben war, leer geräumt. Nach jeder Runde erhalten die entsprechenden Spieler Siegpunktmünzen für besetzte Gebiete, egal ob diese von aktiven oder inaktiven Rassen verteidigt werden. Sind alle auf dem Spielplan verzeichneten Runden ausgespielt, werden die verdeckt aufbewahrten Siegpunktmünzen ausgezählt und derjenige Spieler, welcher die meisten davon sein Eigen nennt, zum Sieger gekürt.

„Small World“ ist ein überaus trickreiches Spiel, in welchem es ständig darauf ankommt, die Situation zu analysieren und den besten Zeitpunkt zu erkennen, um die eine Rasse untergehen zu lassen und mit der neuen noch mehr Gebiete hinzu zu gewinnen. Dabei ist es nicht immer die optimale Strategie, bis zum letzten Rasseplättchen zu warten, wenn in der Auslage eine gewinnträchtigere Rasse auftaucht.

Die Überarbeitung und Neuauflage hat dem Spiel sichtlich gut getan. Es ist opulent ausgestattet und farbenfroh und witzig illustriert. Allerdings hat durch diese Farbenfreude leider auch die Übersichtlichkeit auf den Spielplänen spürbar gelitten. Auch tun sich viele Spieler schwer, Rassen, welche inaktiv sind, farblich zu unterscheiden. Ein großer Pluspunkt ist das verdeckte Aufbewahren der Siegpunktmünzen. Gab es bei Vinci noch eine Siegpunkteleiste und alle stürzten sich auf den Führenden, kann man hier nur noch Mutmaßungen darüber anstellen, welcher Mitspieler denn nun in Front liegt, damit dieser koordiniert angegriffen werden kann. Schon allein durch diese kleine Änderung kommt ein ganz anderes Flair ins Spiel. Zudem spielt sich „Smallworld“ deutlich schneller, im Durchschnitt ist nach rund 60 Minuten schon eine Partie vorbei. Genügend zusätzliche Zeit also für eine unweigerlich geforderte Revanchepartie. Die vorbildlich geschriebene und illustrierte Spielregel rundet den positiven Gesamteindruck ab. Allerdings sollte man für das intensive Regelstudium einige Zeit einplanen, genau so wie für den optimalen Einsatz der Rassen einige Spielrunden vonnöten sind. Aber wie heißt es so treffend: „Der Weg ist das Ziel“ und in diesem Falle ein überaus lohnendes.


Spieletester

20.09.2009

Fazit

„Small World“ funktioniert in jeder Besetzung tadellos und kann damit sowohl Vielspielern als auch für Familienrunden, welche sich für das Fantasythema erwärmen können, empfohlen werden. Selbst wenn man schon ein Vinci sein eigen nennt, sollte über einen Neukauf nachgedacht werden, so genial greifen hier Spielprinzip und Überarbeitungen ineinander.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Days of Wonder
Genre: Strategie
Zubehör:

2 doppelseitige bedruckte Spielpläne, 14 Fantasy-Rassen mit passenden Rassenbannern und Rassenplättchen, 20 Spezialfähigkeitsplaketten, Trollhöhlen, Gebirgen, Festungen, Lagern, Erdhöhlen, 2 Heldenmarker, 1 Drachenmarker, Siegmünzen, 6 Spielhilfen, 1 Verstärkungswürfel, 1 Regelheft mit einer Days of Wonder-Webnummer.

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