Chicago Express

Die Vorderseite der Spielschachtel macht schon mal klar, dass es sich bei Chicago Express nicht um ein Spiel im Zeitungsgewerbe handelt, sondern um eines, das sich in vollen Zügen abspielt. Wörtlich zu verstehen, versteht sich. Wir wissen, weil wir uns schon ein paar Jahre mit dem Spiel an sich beschäftigen, dass Eisenbahnspiele, speziell jene aus der 18xx-Serie, mitunter durchaus abendfüllend und manche auch mehrere Abende füllend, sein können. Umso überraschter sind wir, verspricht doch die Rückseite der Schachtel "Ein strategisches Spiel mit schnellem Einstieg und kurzer Spieldauer!"
Das wollen wir mal unwidersprochen so stehen lassen, prinzipiell glaube ich zwar nicht alles aus der Werbung, aber die Spieleverlage sind ehrlich und schreiben nur auf die Schachtel was wahr ist.

Gehen wir's an!

Die Spielregel ist gut aufgebaut, zuerst wird das Spielmaterial und speziell auch der Spielplan erklärt. Er ist von Sechseckfeldern überzogen, die Stadtfeld oder Industriestadtfeld sein können, über Land geht es durch Wald, Berg und Feld. Geographisch spielt sich die Sache zwischen der amerikanischen Ostküste und Chicago im Westen ab. Im Osten gibt es Startfelder für die 4 "normalen" Eisenbahngesellschaften, die schwarze "Wabash Eisenbahngesellschaft" kommt erst später dazu (für unsere Begriffe ein wenig zu spät). Den Spielern, 2-6 können mitspielen, ist keine Spielerfarbe zugeteilt, jeder darf jede Linie bauen, weiterbauen, ausbauen und auch von jeder Linie Aktien kaufen. Eigene Aktien verkaufen ist in diesem Spiel nicht vorgesehen, da es aber darum geht, am Ende das meiste Geld zu haben, muss man sich die Dollar eben auf anderem Weg besorgen, nämlich über ausgeschüttete Dividenden. Dazu gilt es, die Bahnlinien, von denen man schon Aktien erwerben konnte, erfolgreich und wertvoll zu machen. Dazu verlängert man die Linie, bevorzugt durch gewinnbringendes Gebiet, oder man baut Häuschen entlang der Strecke, die werten die Linie ebenso auf.

Aber wie immer im Leben, und auch im Spiel, man darf nicht immer was man will. Hier sind es die 3 Pappzeiger, die als Spielverderber agieren. Sie sind, auf dem Spielplan montiert, den 3 möglichen Aktionen eines Spielers zugeordnet.
- Versteigerung einer Aktie (3)
- Streckenausbau einer Gesellschaft (5)
- Entwicklung eines Spielfelds (4)
Wählt ein Spieler eine der drei Aktionen, wird der Zeiger um 1 Feld weiter gedreht. Das heißt, in dieser Runde steht diese Aktion nur mehr einmal weniger oft zur Verfügung. Die Zahl in der Klammer bei den Aktionen gibt an, wie oft die Aktion zur Verfügung steht. Nach der dritten Versteigerung steht der entsprechende Zeiger auf ROT, keine weiteren Versteigerungen mehr. Steht später auch ein zweiter Zeiger auf ROT, kommt eine Dividenden-Phase, also Dollars für die stolzen Aktionäre, und danach werden alle 3 Zeiger wieder auf GRÜN gestellt.

Die Dividenden werden nach folgendem System ausgeschüttet: der aktuelle Wert der Bahnlinie (in der Spielanleitung nennt sich das Einkommen) wird durch die Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien dividiert und aufgerundet. Soviel bekommt jeder Aktienbesitzer. Das macht man mit allen Bahnlinien. Da zu Spielbeginn nach definierter Reihenfolge und Startpreis von jeder der 4 Bahnlinien eine Aktie versteigert wird, ist auch von jeder eine im Spiel. Die schwarze Wabash stellt auch hier eine Ausnahme dar. Weitere Aktien kommen ins Spiel, wenn ein Spieler die Versteigerung in seinem Zug wählt. Der Startpreis wird errechnet wie die Dividende, abgesehen davon, dass die angebotene Aktie auch zur Zahl der umlaufenden Aktien gezählt wird. Neue Aktien sind also billiger als der Gewinn bei der letzten Dividendenausschüttung. Der Preis für die Aktie kommt der Gesellschaft zu Gute, mit diesem Geld kann die Strecke weiter ausgebaut oder mit Bahnwärterhäuschen versehen werden, womit sich wiederum das Einkommen der Linie erhöht, was in der nächsten Dividendephase den Aktienbesitzern Freude macht.

Bei der Streckenverlängerung ist darauf zu achten, dass Wald- und Bergfelder nur jeweils von einer Linie bebaut werden dürfen. Alle anderen Felder stehen für gedrängte Bauweise zur Verfügung. Wenn dann auch noch ein Häuschen dazu kommt, bleibt für Passagiere wohl gar kein Platz mehr. Gut, nehmen wir an, es handelt sich ohnehin nur um Güterverkehr. Auch ist der Streckenbau unterschiedlich teuer und pro Zug darf man maximal um drei Felder verlängern, Abzweigungen sind erlaubt. So plagen sich die Eisenbahnlinien von Ost nach West, bis die Erste dann Chicago erreicht. Für diese, und auch für jede andere die Chicago erreicht, wird dann sofort eine Extra-Dividende ausgeschüttet, die Erste bringt zusätzlich die Wabash ins Spiel. Von der Wabash wird dann sofort, wie eben für die anderen 4 zu Spielbeginn, eine Aktie an den Meistbietenden versteigert. Für diese Auktion sollte man sich etwas Geld aufsparen. Die Wabash startet nämlich in Fort Wayne, das ist nahe bei Chicago, und da eine Eisenbahnlinie ihr Einkommen beträchtlich erhöht, wenn sie Chicago erreicht, kann das die Wabash auch recht einfach tun. Trotzdem sei genau überlegt, ob man die Wabash-Aktie noch kaufen will. Wie gesagt, die Wabash kommt zumeist spät ins Spiel und schüttet bis Spielende nur mehr wenig Dividende aus.

Womit wir beim Spielende sind.
Nach 2 Stunden, wir haben die Spielzeit trotz schnellem Einstieg locker verdoppelt, doppelte Reisezeit sozusagen, ist ja auch im modernen Bahnnetz durchaus normal, findet der Showdown statt. Entweder weil 3 oder mehr Gesellschaften keine Loks mehr haben, keine Aktien mehr haben, wenn nur noch 3 oder weniger Häuschen verfügbar sind oder wenn das Einkommen von Detroit (ist so was wie ein verklausulierter Rundenzähler) 8 erreicht hat.
Showdown ist Dollar zählen!
Wer die meisten Dollar hat, ist Gewinner von Chicago Express.

Soweit die Fakten.

Spieletester

05.02.2009

Fazit

Das subjektive Spielempfinden kann etwas kürzer formuliert werden.
Das Spiel funktioniert, der Express entpuppt sich allerdings als ein Bummelzug, der sich gemächlich gegen Westen schlängelt. 
Man hat in seinem Spielzug nur drei Möglichkeiten, trotzdem bleibt genug Spielraum für strategische Überlegungen. Es ist ein Eisenbahnspiel, verquickt mit Aktien und deren Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Aktien sinken nur, wenn weitere auf den Markt kommen. Damit steigt wiederum der Ehrgeiz der Aktienbesitzer, den Wert der Aktie zu erhöhen. Die Mittel dafür sind klar, damit ist auch der Weg zum Sieg klar.
Zumindest theoretisch.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Queen Games
Autor: Harry Wu
Grafiker: Michael Menzel
Genre: Strategie
Zubehör:

Spielplan, auf dem einige für das Spiel wichtige Dinge zu finden sind, 23 Häuschen, 5 Spielmarken +50, 3 Pappzeiger und 3 Nieten, mit denen die Zeiger auf dem Plan montiert werden, 20 Aktien (2 schwarze, 3 rote, 4 blaue, 5 grüne und 6 gelbe), Spielgeld (140 Banknoten zu 1, 5 und 25$ - 10$-Scheine wären super gewesen, 103 Loks (11 schwarze, 20 rote, 22 blaue, 24 grüne und 26 gelbe), 5 Zählsteine in den 5 Farben, 4 Tableaus für 4 Eisenbahnlinien (das fünfte in schwarz findet sich direkt auf dem Spielplan), Spielregel.

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