Illuminati

Haben Sie gewusst, dass die Grünen das Kinderfernsehen in der Hand haben? Nein? Tja, jetzt wissen Sie's… besser, als wenn’s die Anwälte wären, die es vorher versucht haben, aber am Versuch gescheitert sind. Indes programmiert Silicon Valley eifrig an Software, die unabsehbare Folgen für die Bischofskonferenz haben dürfte, während sich das Computernetzwerk unermüdlich über Copy Shops finanziert.

Sie ahnen es: Wir sind im Bereich der Verschwörungen... Und weil wir uns mit Kleinigkeiten ja erst gar nicht abgeben, gleich bei der Weltverschwörung. Einige wenige Gruppen, die Illuminati, sind es nämlich, die das Weltgeschehen WIRKLICH kontrollieren. Unentwegt kämpfen diese Gruppen um die Weltherrschaft. Nur eine davon - oder ein gut funktionierendes Bündnis - wird überleben. 

Der interessierte Spieler weiß, dass es nur einen Autoren geben kann, der sich eines solchen Themas annimmt: Steve Jackson, Autor von Spielen wie Munchkin oder Frag und Verleger der Chez Geek - Serie. Illuminati nun, dieses von der - zumindest meiner Ansicht nach leider nicht sehr lesenswerten - "Illuminatus" - Romantrilogie (ebendie, die im Film "23 - Nichts ist so, wie es scheint" eine wichtige Rolle spielt) inspirierte Spiel Steve Jacksons war und ist sein bisher größter (und wenn ich richtig informiert bin auch erster) Hit und ist das Aushängeschild von Steve Jackson – Games. Die Illuminaten-Pyramide und der Begriff "Fnord", der für bewusste, aber allgemein schwer erkennbare Fehlinformation, aber auch für "Federal Network Organsism Responsible for Destruction" stehen kann, sind längst im nationalen Bewusstsein… der USA. 

Wir hier in Europa hatten bis jetzt den taktischen Nachteil, dass Illuminati extrem amerikanisch war. NRA, IRS … Anspielungen, die hier nicht so wirklich funken, wir haben unsere eigenen Conspiracy-Gruppen. Dass das Spiel von pechschwarzem Humor durchtränkt ist, hat ihm im deutschsprachigen Raum sicher auch nicht gerade geholfen, eine brauchbare deutsche Fassung im großen Stil zu erhalten. Mitte der 80er gab es im Citadel-Verlag eine Übersetzung, die aber schnell wieder verschwunden ist. Einen gewissen Bekanntheitsgrad konnte Illuminati hierzulande ironischerweise erstmals durch das unglückliche Trading Card Game "Illuminati – New World Order" erhalten, zu dem ich weiter unten noch ein paar Worte verlieren möchte. 

2005 endlich, 23 Jahre (!!!) nach der US-Veröffentlichung, liegt endlich eine von Pegasus auf den Markt gebrachte, deutschsprachige Fassung vor, die sich lobenswerter weise nicht nur darauf beschränkt, die Karten zu übersetzen, sondern auch das Thema „europäisiert“. Anstelle der NRA tritt die „Waffenlobby“, aus „Democratics“ und „Republicans“ wurden „Sozialdemokraten“ und „Christdemokraten“, es tauchen Gruppen auf wie die „Burschenschaften“, dafür fehlen beispielsweise die „South American Nazis“, die hierzulande niemanden wirklich kümmern (die Parallelnennung dieser Gruppen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt… Beweist mir das Gegenteil.). Wichtige US-Gruppen (Pentagon, CIA, NASA, ...) kommen natürlich vor, aber dagegen stehen eben z.B. auch die ESA oder die Europäische Nationalbank.


Das Spiel

Jeder Spieler übernimmt eine der Illuminati. Dabei handelt es sich um die garnichtmalsoabwegigen „Gnome von Zürich“, das „Computernetzwerk“, die „Gesellschaft der Assassinen“ (einer ihrer Dolche auf dem Kopfpolster ließ Könige erzittern) oder die allen voran nach Macht strebenden „Bayrischen Illuminati“. Aber auch surreale Gruppen wie die „Jünger Cthulhus“ (schon alleine dafür muss ich dieses Spiel lieben...), das „Bermuda – Dreieck“, die „Diskordische Gesellschaft“, „Shangri La“, die „Kirche des SubGenius“ und „Die Ufos“ (Sind sie Aliens oder Superwissenschaftler? Niemand weiß es...) stehen zur Auswahl. Jede der Illuminati hat zwei Werte, einen Machtwert und einen Geldwert, sowie eine besondere Fähigkeit und vier Pfeile an jeder Kante, die aus der Karte hinausweisen.

Die übrigen Karten des Spieles rekrutieren sich aus Gruppen, und aus Sonderkarten mit selbsterklärenden Texten. Die wichtigsten Karten des Spieles sind die Gruppen, die von real existierenden Vereinigungen wie CIA, UNO oder BKA bis zu (einigen wenigen) surrealen Gruppen wie Druiden, Vampire oder Delphine reichen. Jede dieser Gruppen hat einen Machtwert, einen Widerstandswert und einen Geldwert.

Neben diesen Werten haben einige Gruppen noch selbsterklärende Fähigkeiten, fast alle aber mindestens eine, oft aber mehrere Gesinnungen. Hierbei gibt es Gesinnungen, die einander widersprechen (gewalttätig und friedlich oder liberal und konservativ), kriminelle Gruppen, zu denen es keinen Gegensatz gibt, oder fanatische Gruppen, die einander immer widersprechen (und auch wenn man mir jetzt vorwirft, leicht zu unterhalten zu sein, finde ich es immer noch witzig, dass die CIA gewalttätig ist, und dass man bei den Liberalen würfeln muss, ob sie in dieser Runde liberal oder konservativ sind).

Wichtig sind vor allem aber die Pfeile an den Kanten der Karten: Einer davon zeigt immer nach innen, und die meisten Gruppen haben zudem noch mindestens einen nach außen zeigenden Pfeil. Eine Gruppe wird im Zuge des Spieles an andere Gruppen angelegt, und zwar so, dass der nach innen zeigende Pfeil an einen Pfeil der anderen Karte anliegt, der nach außen zeigt. Eine solcherart angelegte Gruppe wird von der anderen Gruppe kontrolliert, die aber ihrerseits wieder von jemand anderem kontrolliert wird, der wieder... usw. usw.. So entsteht eine Machtstruktur, in dessen Zentrum die Illuminati stehen, die letzendlich alle Fäden in der Hand halten.


Der Spielzug:

Zu Beginn jedes Spielzuges erhalten die Gruppen der Spieler und die Illuminati Schwarzgeld, das natürlich auch innerhalb der Struktur nach klaren Regeln verschoben werden darf, da die stärksten Gruppen kaum Geld gewinnen, die reichsten Gruppen aber kaum Macht besitzen (und so kann es zum Beispiel passieren, dass sich das FBI über Las Vegas finanziert). Mit diesem Schwarzgeld können die Gruppen und die Illuminati nun Aktionen starten, und in 95% aller Fälle werden dies Angriffe sein. Angreifen kann man eine gegnerische Gruppe oder eine der noch neutralen Gruppen, die immer in der Mitte des Tisches ausliegen. Angriffe können darauf abgezielt sein, die betr. Gruppe zu übernehmen (an einem freien Pfeil anlegen), zu neutralisieren (wieder in die Mitte zu legen) oder zu zerstören (aus dem Spiel entfernen).

Diese Kämpfe werden mit einem Würfelwurf entschieden, bei dem der Angreifer je nach Kampf unter der Differenz Macht / Macht oder Macht / Widerstand bleiben muss. Zu dieser simplen Differenzrechnung kommen noch Boni und Mali aus gleichen oder entgegengesetzten Gesinnungen und aus Nähe des Zieles zur Illuminati hinzu.

Das Salz in der Suppe bildet aber die Möglichkeiten, auf beiden Seiten Schwarzgeld einzusetzen, um den zu würfelnden Wert zu verändern, übertragbare Macht diverser Gruppen oder der Illuminati zu verwenden (sofern sie noch über Geld dafür verfügen). Wenn der Angreifer nicht einen "privilegierten Angriff" ausruft (was eine Aktionskarte kostet, und die sind rar gesät), können in einen Kampf aber auch Spieler eingreifen, die eigentlich nicht beteiligt sind, und am Ende die Beute auch beliebig aufteilen, einander Geschenke machen usw., was natürlich Bündnissen und Intrigen Tür und Tor öffnet. Und das ist ja letztendlich der Sinn des Spieles.


Das Spielziel:

Es gewinnt der Spieler, der zuerst die nötige (mit der Spielerzahl variierende) Anzahl an Gruppen kontrolliert, oder der das Ziel erreicht, dass speziell seine Illuminati aufweist. Sollten zwei Spieler es schaffen, in einer Runde gleichzeitig Ihr Ziel zu erfüllen, so haben beide Spieler gewonnen... eben ein funktionierendes Bündnis aus Illuminati.



Spieletester

20.04.2007

Fazit

Eine der prinzipiellen Ideen von Illuminati - Die Weltverschwörung scheint gewesen zu sein, dass die Spieler IMMER ins Spielgeschehen involviert sind, auch, wenn sie gerade nicht an der Reihe sind. Dies ist eine Idee, die ich prinzipiell begrüße, da sie das Problem der Leerläufe behebt, und bei Illuminati - Die Weltverschwörung kann man durchaus sagen, dass das System funktioniert. 

Doch leider, keine Rose ohne Dornen: So grandios die Idee, es zu erlauben, dass mehrere Spieler zugleich gewinnen können, auch ist, so wenig wird sie wirklich genutzt. Illuminati - Die Weltverschwörung krankt an derselben Krankheit wie so ziemlich alle Steve Jackson - Spiele, nämlich das "Alle gegen den Führenden" - Syndrom. Ein Wermutstropfen, mit dem man offenbar bei jedem Spiel leben muss, auf dem "Steve Jackson Games" abgedruckt wurde. Gottlob schmälert es den Spaß an den Spielen nur unwesentlich.

Noch eine Anmerkung zu den Spielerezahlen: Mit 2 Spielern funktioniert Illuminati - Die Weltverschwörung überhaupt nicht, mit 3 Spielern nur bedingt (Zwar steht auf der Schachtel „2-6 Spieler“, doch von der Spielerzahl 2 oder 3 rät der Verlag selbst ab). „Diplomatie“ kommt kaum vor, und wenn bei drei Spielern doch, zerstört es das Spiel, da ein Spieler alleine gegen Zwei kaum gewinnen kann. Effekt: Es wird kaum gekämpft, da man in fremde Machtstrukturen ohne Unterstützung schwer eindringen kann (v.a. durch die „Mehr Punkte für die Nähe an der Illuminati“ – Regel), was wiederum den Effekt hat, dass sich das Geld anhäuft, wodurch Angriffe mit fortlaufender Dauer unmöglich werden und Illuminati - Die Weltverschwörung damit zum reinen Wettrennen „wer erfüllt sein Ziel als erstes“ mutiert. Und das ist das Schlimmste, was man diesem Spiel antun kann. 

Zur Ausstattung: Die Anleitung ist an sich gut, geht aber auf einige Punkte nicht wirklich ein (Kann ich unkontrollierte Gruppen zerstören? Wir spielen, dass ja.). Die Schachtel ist ein ziemlich grausamer Fall von Luftschachtel, und ich persönlich fand es stylischer, dass das Geld im Original Schwarz war. 

Lobend heruasheben möchte ich noch einmal die Übersetzung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Thema für den Kontinent hinzudrehen, auf dem es gespielt werden soll. Es gibt manchmal eben doch gute Argumente gegen 1:1 - Übersetzungen.


Nun noch wie versprochen ein paar kurze Worte zum Trading Card Game Illuminati - New World Order:
Dass ich Trading Card Games für die schrecklichste Erfindung seit Erfindung des Gesellschaftsspieles halte, ist prinzipiell einmal mein Problem und soll auch nicht als Begründung herangezogen werden. Aber nun die traurigen Fakten zum Spiel an sich: Bei Illuminati - New World Order gab es kein Schwarzgeld, sondern jede Runde einen Aktionsmarker für jede Gruppe, sofern sie keinen solchen liegen hat; die Karten wurden mit fortlaufender Dauer immer zwangslustiger (Ja, auch in Illuminati – Die Weltverschwörung gibt es Rohrkrepierer – die kriminellen “Linksanwälte” sind hart an der Grenze – aber was uns Illuminati – New World Order zumutete, lässt jeden National Lampoon – Film hinter sich. Die „Militanten Ananaszüchter von Alaska“ seien hier ein Mahnmal für die Ewigkeit.); die Karten hatten Unterfähigkeiten, Gesinnungen aneinanderliegender Karten wirkten bei der Verteidigung aufeinander und zudem hatte JEDE Gruppe irgendeine Sonderfähigkeit ("Moment, WIE stark sind die jetzt gegen die...?"). 


Den größten thematischen Bock schießt das Trading Card aber dadurch, dass jeder Spieler klarerweise mit Decks aus Gruppen gleicher Gesinnungen hantiert, wodurch der Witz der absurden Kombinationen wegfällt, und dass es Personen gab (Bill Clinton, Helmut Kohl, Manuel Noriega,...), wodurch das Spiel zu einem Spiel mit Ablaufdatum wurde. 

Zugegeben: Nett waren die "Neuen Weltordnungen" und die Gegenstände, die die Illuminati erwerben konnten. Vielleicht kommt so was aber ja noch als Erweiterung. 

Illuminati - Die Weltverschwörung ist eine Empfehlung, wenn man gern Komplotte schmiedet, mit pechschwarzem Humor kein Problem hat und/oder das Thema mag. Das Trading Card hat sich inzwischen ja gottlob nicht nur durch die „Persönlichkeiten“ erledigt…

Was wollte ich noch sagen...? Ahja: FNORD.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Besucherkommentare

Nagna | 20.04.2007

Ich muss sagen, dass Illuminati sehr sehr gut ist. Ist nicht für jederman etwas, aber Strategen kommen komplett auf ihre Kosten.
Mir ist es zT zu komplex mit all den Möglichkeiten, dass ich nicht nicht wusste, was ich machen soll.
Für Strategen ein absolutes muss.
Die Ideen der einzelnen Karten wie "kleinstweich" für "Microsoft" finde ich genial. ;-)

Der Rezensent | 20.04.2007

Also grade STRATEGEN würde ich das Spiel ÜBERHAUPT NICHT empfehlen...

Mareike | 27.10.2008

hmm. ich fand das spiel unwahrscheinlich unübersichtlich, muss aber auch gestehen, dass wir es zum testen nur zu zweit gespielt haben...
die gruppen-karten find ich klasse, genauso die dazugehörigen illustrationen darauf. :D
wer weiß, vielleicht ist es ja der knaller, wenn man mit 5 oder 6 leuten spielt, mal sehen, wann sich jemand dazu bereit erklärt^^
zu zweit waren die 13 gruppen recht fix zusammen, auch das ziel der gnome mit den 150MT ging echt schnell.
wenn wirs nochmal mit mehreren gezockt haben, geb ich nochmal bescheid :]

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 25,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2005
Verlag: Pegasus Spiele
Autor: Steve Jackson
Genre: Karten
Zubehör:

10 Illuminati-Karten
178 Gruppenkarten
41 Sonderkarten
234 Geldstücke
2 Würfel Spielanleitung

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7362 Gesellschaftsspiele-,
1667 Videospielrezensionen
2219 Berichte.