Videospiele sind mittlerweile nicht nur die Ideengeber und Vorlagen für Filme und Serien, sondern auch für Brettspiele. Viele Verlage und Brettspielautoren nutzen die große Popularität von Videospielen und setzen diese in teilweise richtig spannende Brettspiele um.
So auch im hier vorliegenden Slay the Spire. Der oder die Spieler schnetzeln sich in diesem Deckbuilder einzeln oder als Gruppe in bis zu vier Akten durch den titelgebenden Spire bzw. Turm, um bis zur Spitze und dem Endgegner zu gelangen. Dabei übernehmen sie jeweils die Kontrolle über einen der vier beiliegenden Charaktere und versuchen, ausgehend von einem zugehörigen Start-Kartendeck, dieses während der Partie durch Deckbau zu erweitern und möglichst perfekt zu optimieren. Besonderer Kniff dabei, Karten können verbessert werden, indem man sie auf ihre Rückseite dreht. Damit es dabei nicht zu Irritationen oder Fehlern kommt, stecken alle Karten in mitgelieferten Sleeves mit blickdichter Rückseite. Das Ziel der aller Akte ist es, auf einem möglichst effektiven Weg durch verschiedene Räume zu gelangen, um am Ende das Boss-Monster zu erreichen und zu besiegen.
Der thematische Hintergrund von Slay the Spire lässt sich nicht in eines der üblichen Schemata pressen. Etwas Fantasy, etwas Sci-Fi und etwas klassisches Rollenspiel werden hier wild gemixt, ähnlich ergeht es den verschiedenen Monsterarten und Helden. Analog zum Computerspiel stehen vier völlig unterschiedliche Helden samt ihrer Startkarten und möglichen Skillungen zur Auswahl. Der Eiserne, ein klassischer Kämpfer der unglaublich viel Schaden verursachen und sich manchmal selbst heilen kann. Die Stille, eine Jägerin, die mittels Messer und Gift über die Dauer des Kampfes immer mehr Schaden verursachen kann, jedoch nicht so viele Lebenspunkte hat. Die schwierig zu spielende blinde Seherin, die unterschiedliche Haltungen einnehmen und sich dadurch der jeweiligen Situation anpassen kann und schließlich das Defekte, eine Art Roboter der so genannte Orbs kontrolliert und damit Elementarmagie wirkt.
Vor jeder Partie bzw. jedem Akt steht aber erst einmal der Aufbau an. Nachdem alle Mitspieler ihre Charaktere ausgewählt haben werden alle Kartendecks gemischt und ausgelegt. Der Spielplan des jeweiligen Aktes wird zufällig mit passenden Markern vervollständigt. Nun können die Spieler gemeinsam einen der möglichen Pfade wählen, um auf diesem von Raum für Raum zu gelangen und die dort enthaltenen Begegnungen zu meistern. So kann die Gruppe auf ihrem Weg neben den obligatorischen Kämpfen gegen normale oder Elite-Monster auch auf zufällige Ereignisse, Lagerfeuer, Schätze oder Händler stoßen. Das immergleiche Ziel jeden Aktes ist es, schlussendlich zum abschließenden Boss-Fight zu gelangen. Bei allen drei Akten ist der Ablauf identisch, lediglich die Monster werden anspruchsvoller und fordernder. Ein vierter Akt kann freigeschaltet werden
Wichtigstes Element und Motor des Spiels ist natürlich der Kampf gegen die Monster. Nur durch gewonnene Kämpfe und getötete Monster erhalten die Helden Zugriff auf neue Karten, können Vorhandene verbessern oder Gold, Tränke oder Schätze einsacken. Bis auf die den Charakteren zugehörigen Karten kann die gesamte Beute innerhalb der Gruppe getauscht werden, um die Eigenarten und Stärken jedes Charakters entsprechend zu unterstützen. Das ist teilweise auch bitter notwendig, denn die Kämpfe können schnell bockschwer und mit falscher Skillung oder Ausrüstung fast aussichtslos werden.
Kämpfe nehmen zwar den größten Teil der Spielzeit ein, laufen an sich aber recht simpel und rundenweise ab. Die größte organisatorische Herausforderung ist es dabei, die vielen möglichen Effekte und Fähigkeiten korrekt und in der richtigen Reihenfolge abzuhandeln. Rundenweise sind nacheinander die Spieler und anschließend die Monster an der Reihe. Dabei wählen die Spieler aus ihren aktuellen Handkarten diejenige aus, die sie ausspielen wollen und können. Das Ausspielen von Karten kostet Energie und diese ist leider nicht unendlich. Letztendlich möchte man den Monstern möglichst viel Schaden zufügen, sie in bestimmte Zustände versetzen und den eigenen Schild bzw. Block aufbauen, um beim Gegenschlag des Monsters gut gerüstet zu sein. Anschließend schlagen die noch lebenden Monster zurück. Wie und mit welchen Fähigkeiten, das kann von Runde zu Runde völlig unterschiedlich sein. Während der Kämpfe ist es extrem wichtig, dass sich die Spieler untereinander besprechen und koordinieren, um so effektiv wie möglich zu sein. In Slay the Spire: Das Brettspiel steht der kooperative Gedanke ganz weit oben, das macht das Spiel dadurch aber auch sehr anfällig für Alpha-Spieler.
Auf den Karten der getöteten Monster bzw. Bosse ist vermerkt, welche Belohnung die Spieler nach dem Kampf erhalten. So können die Spieler ihrem Deck neue Karten aus ihrem jeweiligen Kartenpool hinzufügen, im besten Fall sogar eine rare Karte. Zudem gibt kann es auch weiteren Loot, wie z.B. Tränke oder Relikte geben. Allerdings sollte man beachten, die Lebenspunkte der Helden werden nach einem Kampf nicht regeneriert.
Spieletester
Fazit
Slay the Spire: Das Brettspiel ist eine gelungene analoge Umsetzung des gleichnamigen Computerspiels. Sie fängt, mit viel Liebe zu Details die Atmosphäre und den Geist der Vorlage ein. Natürlich werden sich jetzt viele Spieler fragen, warum man sich ein recht teures Brettspiel kaufen sollte, wenn man das Spiel doch digital spielen kann? Darauf gibt es eine einfache Antwort: Das Brettspiel kann mit bis zu vier Spielern kooperativ gespielt kann. Sich gemeinsam in der Gruppe einen Weg zum Levelboss zu bahnen und dabei die ganze Bandbreite an Emotionen zu erleben ist eine enorme Bereicherung des Spielprinzips.
Für das Brettspiel wurden zudem einige Abläufe und Aspekte gestrafft und verändert, um z.B. den Verwaltungsaufwand, den normalerweise der Computer übernimmt, möglichst gering und handhabbar zu halten. Das wirkt sich allerdings zu keinem Zeitpunkt negativ aus oder beeinträchtigt den Spielspass.
Leider gibt es aber auch einige redaktionelle Fehler zu bemängeln. So ist insbesondere die Spielregel schlecht strukturiert und weist Lücken auf. In diesem Zusammenhang wäre zudem ein Glossar mit den wichtigsten Schlüsselwörtern extrem hilfreich gewesen. Wer also die digitale Vorlage nicht kennt wird sich mit den vielen Regelfeinheiten recht schwer tun. Trotz vieler Straffungen muss bei einer Partie in Vollbesetzung pro Akt mit einer Spieldauer von ungefähr 2 Stunden gerechnet werden. Mal also schnell an einem Abend alle drei Akte durchzuspielen, dürfte diesbezüglich problematisch werden.
Slay the Spire: Das Brettspiel richtet sich vor allem an Spieler, die die digitale Variante schon kennen und den Run auf die Level-Bosse jetzt auch in Gemeinschaft erleben wollen. Zusätzlich sollte man die hauptsächliche Spielmechanik des Deckbuildings mögen und Spass am ausprobieren und austesten haben, denn ständig nur mit demselben Charakter oder derselben Skillung zu spielen kann auf Dauer langweilig werden. Ist man sich unsicher ob man die Investition tätigen und das Spiel kaufen soll, kann eine Probepartie des digitalen Pendants sehr hilfreich sein.
Plus
- schneller Einstieg möglich
- hoher Wiederspielwert
- Sleeves für doppelseitige Karten liegen bei
- Computerspiel sehr gut umgesetzt
- Aufstiegs-(Legacy) Modus enthalten
- sehr gute kooperative Spielmechanik
Minus
- hoher Schwierigkeitsgrad
- viele kleinteilige Regeln
- hoher Glücksfaktor
- fehlendes ausführliches Glossar
- sehr mechanisch
- hohe Frustrationstoleranz notwendig
- lange Spieldauer
- gewöhnungsbedürftige Grafik
- hoher Aufwand zum Resetten des Spiels
- vorgefertigte Sleeves können kaputt gehen
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Details
Spielregel
Übersicht: Verbesserungen und Gegenstände
Übersicht: Aufbewahrung und Kartenhüllen
2 doppelseitige Spielpläne
4 Spielertableaus (mehrlagig)
4 Charakter-Miniaturen
Händlertableau/ Regelübersicht (doppelseitig)
Fortschrittsmarker (Holz)
Würfel (W6)
50 Marker (Kunststoff, verschiedene Farben)
Trefferpunktleiste (mehrlagig)
26 Boss-Tableaus (11 Grundbosse, 15 freischaltbare Bosse)
450 Sleeves mit bedruckter Rückseite
39 Kartentrenner ( 31x groß, 8x klein)
Übersicht (Aufstiegsmodus)
113 Marker (Pappe, Münzen, Block, Verwundbarkeit, Schwäche, Stärke, Räume)
112 kleine Karten (Relikte, Tränke, Scherben)
381 Spielerkarten (inkl. freischaltbaren Karten)
4 Startmonsterkarten
43 Monsterkarten
89 Untertanenkarten
27 Elitemonsterkarten
51 Ereigniskarten
36 Statuskarten
10 Benommenheitskarten
20 Niaus Segen Karten (inkl. freischaltbaren)
Statistik
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