Das Rätsel der blutigen Schere

„Paris, 1965. Die glamouröse Welt der Mode hat auch ihre Schattenseiten. Henri Flanelle, der weltberühmte Modeschöpfer und Erfinder des kurzen Etuikleids, wird tot aufgefunden – erstochen mit einer schweren Schneiderschere." Und wer auch immer die blutige Tat vollzogen hat: Er oder sie sitzt heute mit uns am Tisch!
Krimi Dinner – was ist das eigentlich?

Das Rätsel der blutigen Schere ist ein Krimi Dinner. Aber was heißt das überhaupt? Das heißt, dass alle Beteiligten in einen Kriminalfall verwickelt sind - sei es als Zeuge, Opfer, Angehöriger oder auch Täter. In diesem Fall ist das die Ermordung eines bedeutenden Modeschöpfers: Henri Flanelle.

Über drei Runden versucht die Spielrunde gemeinsam zu eruieren, wer der Täter oder die Täterin ist. Dabei gibt es nur eine einzige grundsätzliche Regel: Man darf nicht lügen. Worüber man eben nicht lügen darf, erfährt man von den Spielheften. So eines erhält jeder Spielende am Spieleabend. Darin finden sich Infos zu den jeweiligen Rollen und normalerweise auch zur Sicht der Rolle auf die anderen involvierten Personen. Die Spiele des Blaubart Verlag GmbH stellen hier eine Ausnahme dar, denn Infos zum eigenen Charakter sind spärlich, Infos zu den anderen quasi gar nicht vorhanden.
Jede Rolle hat ihre Geheimnisse und ein bisschen Dreck am Stecken – ob mit oder ohne Mord! Wer welche Rolle bekommt, entscheidet der Gastgeber. Hier hätten wir uns eine allgemein gehaltene neutrale Beschreibung jeder Rolle gewünscht, damit die Zuordnung auf die Spielerunde etwas leichter fällt.

Der Rest des Spiels verläuft in diesem Fall erstaunlich strukturiert. Anstelle der sehr freien Gespräche bei vergleichbaren Krimi Dinner-Anbietern tritt zu Beginn des Spiels eine Vorstellungsrunde und zu jedem Rundenbeginn ein Dialog. Diese sind wörtlich vorgegeben und werden von den Rollen direkt aus dem Spielheft abgelesen. Jeder Charakter muss in jeder Runde eine oder mehrere Aufgaben erfüllen. Wenn dann in einer Runde die Gespräche zu verebben beginnen, ist es an der Zeit, wieder neues Holz ins Feuer zu werfen. Der Gastgeber fragt nach, ob alle Aufgaben erfüllt wurden, und ruft den Beginn der zweiten Runde aus. Jede Rolle erhält nun im nächsten Abschnitt ihres Spielhefts weitere Infos zu sich und den anderen. Außerdem gibt es noch ein allgemeines Ereignis, das alle Rollen betrifft.

Zusätzlich zu den vorgeschriebenen Dialogen leitet noch ein zweites Element durch den Abend: Eine mitgelieferte Audio CD. Die spielt quasi eine eigene Rolle, nämlich den zuständigen Inspecteur Dupont. Der fasst nicht nur nach jeder Runde die gesammelten Erkenntnisse zusammen, sondern lässt uns auch an seinen Theorien und Verdächtigungen Teil haben. Durch die vorgefertigte Aufnahme (die sehr gelungen ist!), ist es nicht möglich, dass die Spielenden Teile des Rätsels verpassen. Spätestens während der nächsten Audio Datei plaudert der Inspecteur eh alles aus. Auch das ist ein weiterer Schritt in Richtung Struktur.

Am Ende des Spiels darf jeder nach einer (ebenfalls vorgeschriebenen) Verteidigungsrunde einen Hauptverdächtigen erwählen. Erst an diesem Punkt, und auch das ist eine (etwas eigenwillige) Besonderheit, erfährt der Mörder oder die Mörderin selbst, dass er oder sie die Tat begangen hat! Danach wird die Auflösung vom Inspecteur vorgetragen. Und dann kann man noch herrlich diskutieren, wo man andere Schlüsse hätte ziehen können bzw. sollen.

Üblicherweise verbindet man ein Krimispiel mit Essen. Der Blaubart Verlag GmbH stellt hier für jedes Spiel eine eigene Menüzusammenstellung zur Verfügung. Die für Das Rätsel der blutigen Schere findet ihr hier bei den Downloads. Eine vegetarische Variante fehlt allerdings. Außerdem könnt ihr auf dieser Seite zwei weitere Rollen runterladen und das Spiel somit für bis zu zehn Spieler anbieten.

Der Kreis der Verdächtigen

Anna Velours: Ebenso gefürchtete wie bewunderte Chefredakteurin des Modemagazins Vague.

Claudine Flanelle: Finanzchefin des Modehauses Flanelle Fashion und Schwester des Opfers.

Marc-André Flanelle: Neffe des Ermordeten und Sohn von Claudine. Studiert Philosophie an der Sorbonne.

Irmgard Loden: Die Leiterin des Nähateliers – energisch, bodenständig, gewissenhaft.

Joshua Jacquard: Der persönliche Assistent des Ermordeten. Ehrgeizig, schillernd und sehr von sich selbst überzeugt.

Bob Drill: Texanischer Öl-Multimillionär und Mitbesitzer von Flanelle Fashion.

Angelina Chiffon: Topmodel, das bei den wichtigsten Shows läuft und Titelblätter auf der ganzen Welt ziert.

Carlos Tweed: Ein renommierter Modefotograf. Lässig, begabt und undurchschaubar.

Spieletester

09.04.2017

Fazit

Die Jungs und Mädels vom Blaubart Verlag GmbH machen einige Dinge anders als die anderen Krimi Dinner-Anbieter. Die Aufgaben für die einzelnen Rollen sind sehr detailliert und verpflichtend, jede Spielrunde wird durch einen Audio Track eingeleitet, der sich klarerweise auch nicht an den Spielfluss anpassen kann, und das ganze Geschehen ist viel mehr detektivisch auf die Handlungen zentriert als auf das Miteinander und das Zwischenmenschliche der Rollen. All das führt dazu, dass Das Rätsel der blutigen Schere viel mehr Struktur hat als vergleichbare Krimi Dinner. Die Spielenden werden viel mehr an der Hand genommen und durch das Spiel geführt, der Anteil von Improvisation und Schauspiel sinkt im Gegenzug deutlich.

In unserer Gruppe polarisiert dieses Konzept. Auf der einen Seite ist es einsteigerfreundlich und der Fall ist am Ende des Spiels tatsächlich lückenlos aufgeklärt. Auf der anderen Seite fehlt das freie Spiel mit der Rolle und damit die atmosphärische Tiefe etwas. Es gibt bis zuletzt keinerlei Info über die gemeinsame Vergangenheit mancher Rollen und darüber, wie sie zueinander stehen.

Persönlich gefällt mir die durchstrukturierte Variante weniger gut. Sie hat aber ihre nicht zu leugnenden Vorteile. Man sollte sie deshalb tatsächlich als eigene Art von Krimi Dinner betrachten, ein direkter Vergleich fällt schwer. Warum ich schließlich und endlich trotzdem einen Punkt weniger vergebe als z.B. für Schatten über Landsitz Hagenberg? Weil die Spiele aus dem Hause Blaubart Verlag GmbH mit 35 Euro fast schon doppelt so viel kosten wie die der Konkurrenz. Und das ist trotz Audio CD nicht zu rechtfertigen.

Zusammenfassend bleibt ein alternatives Krimi Dinner-Konzept, das strukturierter und weniger improvisatorisch, daruch aber auch weniger abwechslungsreich und frei ausfällt und leider zu viel kostet, um mich wirklich zu überzeugen.

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • sehr strukturiert, daher wird der Fall immer lückenlos aufgeklärt
  • viel vorgeschriebener Text macht das Krimi Dinner einsteigerfreundlich

Minus

  • das freie Spiel geht durch die starke Struktur verloren
  • wenig Infos zu eigener, fast gar keine zu den anderen Rollen
  • Täter erfährt selbst erst spät, dass er Täter ist

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 6 bis 8
Alter: ab 16 Jahren
Spieldauer: 180 bis 240 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2016
Zubehör:

1 Party-Planer
8 Einladungen
8 Rollenhefte
8 geheime Hinweise
8 Tischkarten
1 CD

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7157 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2305 Berichte.