Dojo Kun

Asiatische Kampfkünste sind für uns Europäer insbesondere wegen ihrer geschichtlichen Entwicklung und der engen Bindung an die Meditation immer mit einer Art mystischer Aura umgeben. Den meisten fallen in diesem Zusammenhang sofort die Kampfkunst-Mönche des Shaolin-Klosters ein. In der Spielelandschaft sind die Kampfkünste als Thema für ein Spiel aber bisher eher selten in Erscheinung getreten. Der italienische Kleinverlag Yemaia will dieses mit dem vorliegenden Spiel ändern. Dojokun bedeutet dabei so etwas wie die grundlegenden Verhaltensregeln beim Training der traditionellen Budo-Sportarten die schon seit Jahrhunderten überliefert und auch heute noch in vielen traditionell aufgestellten Kampfkunst Studios angewendet und praktiziert werden.

In Dojo Kun verkörpern die Spieler jeweils den Meister einer speziellen Kampfkunstrichtung, einen sogenannten Sensai und leiten damit verbunden jeweils auch ein Dojo. Diesen bauen sie möglichst optimal aus und trainieren dort ihre Schüler. Diese sollen anschließend in Turnieren gegeneinander antreten und so um Prestige-Punkte kämpfen. Jeder Sensai startet allerdings vorerst mit einem einzigen Schüler. Dojo Kun läuft über zwei Saisons: Die des weißen und des schwarzen Lotus. Jede dieser Saisons besteht aus vier Spielrunden wobei drei davon zur Vorbereitung auf das die Saison abschließende Turnier dienen und die vierte Runde das Turnier selbst darstellt. Am Ende des Spiels gewinnt der Dojo, welcher mit Hilfe seiner Kämpfer die meisten Prestige-Punkte sammeln konnte.

Material enttäuscht

Öffnet man den Spielekarton mit dem bunten, ansprechenden und themenbezogenen Cover, so wird man von dem restlichen Material erst einmal enttäuscht. Zwar reichlich vorhanden, dominiert hier jedoch Grau in verschiedenen Schattierungen. Ein Spielbrett im eigentlichen Sinne gibt es nicht, dieses wird durch vier Tableaus mit verschiedenen Aufgaben ersetzt. So gibt es die beiden Dorf-Tableaus, auf denen die Aktivitäten der Wettkämpfer und die Aktivitäten der Sensais stattfinden. Auf einem weiteren werden die Turnierpaarungen geplant und auf dem vierten Tableau werden die Kämpfe simuliert.

Spielablauf

Die ersten drei Spielrunden jeder Saison laufen in üblicher und allgemein bekannter Worker-Placement-Manier ab. Reihum platzieren die Spieler ihre hölzernen Spielmarken - die entweder den Sensai oder die bis zu vier Schüler repräsentieren - auf freien Aktionsfeldern der gemeinsamen oder des eigenen Tableaus und führen sofort die zugehörige Aktion aus. So können auf dem eigenen Tableau Schüler platziert werden, um sich in einer bestimmten Kampfdisziplin zu vervollkommnen. Zur Verfügung stehen dabei an Tiger, Kranich, Bär oder Schlange orientierte. Überwacht der Sensai das Training persönlich, so ist der Schüler natürlich hoch motiviert und kann anschließend gleich noch eine weitere Aktion ausführen.

Auf den Dorf-Tableaus ist es ebenfalls möglich, verschiedene Aktionen auszuwählen. Einige davon können allerdings nur durch den Sensai aktiviert werden. So kann er z.B. Trainingsgeräte erwerben, durch Errichtung eines Anbaus im eigenen Dojo mehr Platz für zusätzliche Schüler und Trainingsgeräte schaffen oder aber neue Wettkämpfer verpflichten. In jedem Dojo sollte man mindestens zwei Schüler trainieren lassen, da diese jeweils maximal zwei Wettkämpfer zu dem am Ende der Saison stattfindenden Turnier entsenden können.

Spezialtechniken und Abenteuer

Die Schülern bzw. Wettkämpfern machen hingegen andere Aktionen möglich. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass einige der Aktionen einen bestimmten Ki-Wert erfordern. So können sie sich in Geheimtechniken oder Spezialtechniken unterweisen lassen, Abenteuer bestreiten, Ki-Wert und Erfahrung gegen höhere Erfahrung tauschen oder sich als Startspieler für die nächste Runde melden. Auf all diesen Aktionsfeldern kann allerdings immer nur ein Spielstein platziert werden, lediglich beim mystischen Wasserfall und der Dorfhilfe können mehrere Spielsteine abgelegt werden. An den mystischen Wasserfällen können die Wettkämpfer Ki aufbauen während sie bei der Dorfhilfe für ihre harte Arbeit für das Dorf Prestige-Punkt und Ki sammeln. Nach jeder der Vorbereitungs-Runden nehmen die Spieler ihre Spielsteine wieder zu sich und die Tableaus werden für die neue Runde vorbereitet.

Lasset das Turnier beginnen

Sind die drei Vorbereitungs-Runden vorbei, können die Wettkämpfer endlich während des Turniers ihr erworbenes Wissen in Kämpfen gegeneinander überprüfen. Acht Wettkämpfer treten hier in Ausscheidungskämpfen gegeneinander an, bis der Sieger des Turniers feststeht. Jeder Dojo darf bis zu zwei Wettkämpfer entsenden. Bleiben bei der Anmeldung Plätze frei, werden diese mit Wettkämpfern des berüchtigten Totenkopf-Dojos besetzt. Die Start-Paarungen werden nach einem bestimmten Modus ausgelost. Am jeweiligen Kampf nicht beteiligte Spieler können auf den Ausgang des Kampfes wetten und dadurch Prestige-Punkte gewinnen.

Der Kampf selbst wird über die W6-Würfel gesteuert und ist recht einfach, wenn man den grundlegenden Ablauf verstanden hat. Abhängig von ihrem jeweiligen Erfahrungslevel in den unterschiedlichen Kampfdisziplinen würfeln die Kontrahenten mit der entsprechenden Anzahl verschiedenfarbiger Würfel. Auf diesen finden sich Symbole für die Kampftechniken: Sprung, Griff, Block und Schlag in unterschiedlichen Kombinationen. Nach einem vorgegebenen Muster reduzieren bestimmte Abwehrtechniken die Mächtigkeit gegnerischer Angriffstechniken. Final wird überprüft ob und wie viele eigene Schläge zum Gegner durchdringen und wie viele der eigene Wettkämpfer im Gegenzug einstecken musste. Dann ist der Kampf schon vorbei. Bei einem Unentschieden erhalten beide Rivalen einen Wunden-Marker und treten anschließend erneut gegeneinander an. Hat das Turnier nach der notwendigen Anzahl von Kämpfen einen Sieger gefunden, so erhalten alle Dojos in Abhängigkeit von der Platzierung ihrer Wettkämpfer Prestige-Punkte.

Nach dem Turnier der ersten Saison folgt eine zweite Saison mit einem analogen Ablauf. Wiederum gibt es drei Vorbereitungs- und eine Turnierrunde. Dabei haben es die Spieler allerdings nicht mit einer einfachen Wiederholung zu tun, sondern es stehen neue Wettkämpfer, Abenteuer und Trainingsgeräte zur Verfügung. Nach dem Turnier der zweiten Saison ist
Dojo Kun zu Ende und der Spieler, der die meisten Prestigepunkte sammeln konnte, gewinnt das Spiel.

Spieletester

03.12.2016

Fazit

Der italienische Kleinverlag Yemaia hatte schon mit Al-Rashid ein überaus gelungenes Erstlingswerk vorgelegt, das aber leider bei der B-Noten Wertung deutlich schwächelte. Umso gespannter war ich auf den zweiten Streich dieses Verlages.

Dojo Kun ist ebenfalls wieder ein richtig gutes Worker Placement-Spiel geworden. In das unverbrauchte Thema, nämlich die Führung einer Kampfschule, wurden alle Spielmechaniken, sowohl die in der Aufbauphase als auch diejenigen der Kampfphase so gut eingebettet, dass sich das Spiel absolut rund anfühlt. Durch die wechselseitigen Züge ist die Downtime recht gering und auch in der Kampfphase sind alle Spieler durch die Wettmöglichkeit dicht am Geschehen. Das Material ist reichhaltig und sprachunabhängig. Außerdem liegt dem Spiel liegt eine deutsche Spielregel bei. Die ist zwar teilweise ein wenig holprig, doch nach einer Probepartie sollten alle Unklarheiten beseitigt sein. Für ein Spiel dieser Komplexitätsstufe nicht ungewöhnlich.

Leider krankt Dojo Kun wie auch schon Al-Rashid an merkwürdigen und nicht unbedingt nachvollziehbaren Design Entscheidungen. So wirkt das Spiel durch die schon weiter oben angesprochene zurückhaltende Gestaltung und die nicht unbedingt eingängige Symbolik extrem spröde und wird die durch das Spielerlebnis aufgebaute Atmosphäre leider nicht verdichtet. Durch ansprechendere Illustrationen und eine Gesamtoptik aus einem Guss hätte der Verlag die Spieler deutlich besser einbinden können. Zwar waren drei Illustratoren an der Ausgestaltung beteiligt, aber anscheinend jeder nur für einen Teilbereich. Zudem wird ein Glossar für die vielfach verwendeten Fachbegriffe und Abkürzungen schmerzlich vermisst, da sich dadurch das Regelstudium insbesondere für des Themas Unkundige mühsamer als notwendig gestaltet. Positiv muss hier in jedem Fall die zusätzlich vorhandene Solo-Spielvariante genannt werden, durch die man z.B. auch die Spielabläufe kennenlernen kann.

Unter dem Strich ist Dojo Kun trotzdem ein mehr als durchschnittlicher Vertreter des Worker Placement-Genres, der es aber leider aufgrund der oben erwähnten Probleme in der grafischen Gestaltung schwer haben dürfte, ein breites Publikum für sich zu begeistern. Vielspielern, ambitionierten Familienspielern und Fans des Martial-Arts Themas, die sich durch die hier angesprochenen Problempunkte nicht abschrecken lassen und auf der Suche nach Perlen abseits des Spiele-Mainstreams sind, sei Dojo Kun jedoch wärmstens und unbedingt ans Herz gelegt.

Redaktionelle Wertung:

Plus

- grundsolides und bestens funktionierendes Worker Placement-Spiel
- unverbrauchtes und spannendes Thema

Minus

- uneinheitliche grafische Gestaltung
- spröder Charme
- übers Material wird leider keine Atmosphäre transportiert

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 1 bis 4
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 60 bis 90 Minuten
Preis: 50,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Yemaia
Zubehör:

Spielregel (deutsch, englisch, französisch, italienisch)
ein Spieltableau – Aktivitäten der Wettkämpfer
ein Spieltableau – Aktivitäten der Sensais
ein Spieltableau – Aktivitäten der Turnier
ein Spieltableau – Aktivitäten der Kampf
vier Dojo-Tableaus (vier Farben)
acht Erweiterungen für die Dojo-Tableaus (je zwei in vier Farben)
zwanzig Spielmarker aus Holz (je fünf in vier Farben)
vier Senpai-Karten
12 Saison 1 Wettkämpfer-Karten
12 Saison 2 Wettkämpfer-Karten
sieben Totenschädel-Dojo Wettkämpfer-Karten
sechs Abenteuer-Karten
sechs Spezialangriff-Karten
acht Vorhersage-Karten
18 Trainingsgeräte-Plättchen
50 Ki-Marker
60 Prestigepunkte-Marker
108 Erfahrungswert-Marker (je 27 in vier Farben)
zehn Wunden-Marker
acht Geheimtechnik-Marker (je zwei in vier Farben)
24 Dojokun Würfel (je sechs W6 in vier Farben)
drei Reservierungs-Plättchen
sieben Totenkopf Dojo-Marker
zwei Kämpfer-Marker
ein Spielzug Zähl-Marker
ein Startspieler-Marker
acht Aktions-Marker (je vier in zwei Farben)
vier Spielhilfen
ein Bogen mit Aufklebern für Spielmarker

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