Die Piraten der 7 Weltmeere

15 Mann auf des toten Mannes Kiste, yo-ho-ho und 'ne Buddel voll Rum! Diese Zeilen aus dem Roman "Die Schatzinsel" von Robert Louis Stevenson haben sich in meinem Gedächtnis untrennbar mit der Begrifflichkeit von Piraten verbunden, waren das Buch und das zugehörige Hörspiel doch einer meiner ersten Berührungspunkte mit diesen verwegenen Gesellen. Heutzutage sind Piraten hierzulande ja schon eher Lifestyle und auch im vorliegenden Spiel kommen sie keinesfalls bärbeißig oder rau, sondern ganz handzahm, gut gelaunt, bunt und vor allem familienfreundlich auf unsere Spieltische.

Normalerweise ist es bei Brettspielen üblich, dass die Spieler in thematisch in das Spiel eingebundene Rollen schlüpfen. In Die Piraten der 7 Weltmeere ist das ein wenig anders, denn hier steht den Spielern nicht etwa nur eine Person als Alter Ego zur Verfügung, sondern insgesamt gleich sieben verschiedene: der Schiffsbauer, der Gouverneur, der Kapitän, die Inselbewohnerin, der Schamane, der Händler oder der Kartograph. Durch das rundenweise Wechseln dieser Rollen versuchen die Spieler Ihre jeweiligen Flotten möglichst groß zu halten, um mit diesen gemeinsam Jagd auf Schiffskonvois zu machen, diese zu plündern und das Plündergut gewinnbringend im nächsten Hafen zu versilbern. Wer zum Ende des Spiels dann das meiste Geld in seiner Schatztruhe anhäufen konnte, ist der verdiente Gewinner.

Alle Spieler verfügen zu Beginn des Spiels über einen identischen Kartensatz, bestehend aus sieben Rollenkarten. Zusätzlich erhalten sie jeweils drei zufällig gezogene Abenteuerkarten und sieben Würfel in einer Farbe, die ihre eigenen Piratenschiffe repräsentieren. Drei weitere eigene Würfel befinden sich in der allgemeinen Reserve. Die Abenteuerkarten, welche sich aus Hafenkarten, Fluchkarten und Konvoi- bzw. Karawanenkarten zusammensetzen, werden gut gemischt und als verdeckter Stapel bereit gelegt. Hafenkarten legen fest, welche Preise die drei Warenarten Obst, Kaffee und Rum im nächstgelegenen Hafen erzielen können. Fluchkarten sind selten und können überaus mächtig sein. Sie haben spezielle, aber völlig unterschiedliche Effekte und sind damit in der Lage langfristige Planungen der einzelnen Spieler zunichte zu machen. Die 16 Karawanenkarten hingegen sind der Hauptbestandteil des Stapels und geben an, wie groß ein Schiffskonvoi mit Handelsgütern ist und welcher Nationalität er angehört.

Das Spiel verläuft rundenweise und zu Beginn einer jeden legen die Spieler geheim fest, für welche der möglichen sieben Rollen sie sich entscheiden. Anschließend werden in einer fest stehenden Reihenfolge die einzelnen Rollen aufgerufen und die Spieler können die zugehörigen Aktionen ausführen. Der Schiffsbauer kauft Schiffe, sprich eigene Würfel, aus der Reserve. Der Gouverneur macht den Spieler zum Freibeuter eines Landes und gibt ihm kostenfrei alle eigenen Würfel aus der Reserve. Im Gegenzug bekommt der Spieler allerdings einen Malus, wenn ein Angriff auf einen Konvoi dieses Landes stattfindet. Die Inselbewohnerin verändert mittels einer ausgespielten Hafenkarte die Preisliste im nächsten Hafen. Der Schamane legt eine Fluchkarte, welche möglichst allen anderen Spielern einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht. Der Händler kann ganz banal gehortete Beute im nächsten Hafen verkaufen und der Kartograph erhält eine zusätzliche Abenteuerkarte. Das Herzstück aller Rollen ist jedoch der Piratenkapitän. Er legt einen zum Überfall bestimmten Schiffskonvoi aus und trommelt alle an der Kaperfahrt interessierten Spieler, egal welche Rolle sie in der aktuellen Runde verkörpern, zusammen, um diesen zu überfallen. Dabei gibt jeder Spieler eine bis zu einer durch die Größe des Konvois bestimmten Obergrenze frei gewählte Anzahl an eigenen Würfeln, pardon, Schiffen in den gemeinsamen Pool. Dazu kommen noch die Konvoi-Würfel. Alle Würfel werden nun im mit der Spielmatte ausgelegten Inneren des Schachteldeckels gewürfelt. Jetzt kommt es zu einer kompliziert klingenden, im Grunde aber einfachen Selektion. Es wird überprüft, welcher Piratenschiffswürfel einem Konvoiwürfel am nächsten liegt. Derjenige mit der niedrigeren Augenzahl wird entfernt. Bei identischer Augenzahl werden beide Würfel entfernt. Anschließend wird wieder neu verglichen. So kann ein einzelner Konvoiwürfel mit einer hohen Augenzahl durchaus die halbe Piratenflotte ausschalten. Alle eliminierten Würfel wandern in die Reserve. Die Spieler erhalten dafür als Ausgleich ein Yin-Yang-Plättchen, mit denen sie nicht zu unterschätzende Schiffsverbesserungen erwerben können. Sind alle Konvoischiffe gekapert, so erhalten die Piraten pro übrig gebliebenem eigenem Schiff eine Beutekarte. Diese blockiert als Ladung ein Schiff, welches dadurch nicht mehr an weiteren Überfällen teilnehmen kann. Erst wenn die Beute im nächsten Hafen verkauft ist, kann es wieder an Kaperfahrten teilnehmen. Ein Zockerelement macht die Rollenwahl zusätzlich interessant. Gibt es in der Runde nur einen Spieler, der die jeweilige Rolle ausführt, so erhält dieser einen Bonus. Ist der Spieler noch gleichzeitig der Startspieler, so verdoppelt sich der Bonus. Am Ende einer Runde bestimmt die ausgespielte Rollenkarte, ob alle ausgespielten Karten wieder zurück auf die Hand kommen oder liegen bleiben müssen.

Spieletester

06.05.2016

Fazit

Die Piraten der 7 Weltmeere ist ein Augenschmeichler par excellence. Die Blechschachtel als Verpackung ist kein Blendwerk, sondern wird sowohl als Würfelwanne als auch als Ablage- und Siegpunkt-Tableau verwendet. Auch das restliche Material und die Spielgrafik ist für einen kleinen und noch jungen Verlag von bestechender Qualität. Die Spielregel selbst ist schnell verinnerlicht, lediglich die Bedeutung der Symbolik auf den Rollen- bzw. Fluchkarten ist nicht unbedingt selbsterklärend und muss deshalb am Anfang oft nachgeschlagen werden. Rund um den innovativen und spannend-spaßigen Würfelmechanismus konnten die Autoren ein stimmiges Spiel mit Glücks- und Zockerelementen entwickeln, welches durch seinen hohen Interaktionsgrad und die niedrige Downtime vor allem für Familienspieler interessant sein dürfte. Aber auch Vielspieler sollten mit diesem Spiel ihren Spaß haben. Ein paar Kleinigkeiten vor allem im Bezug auf die Spielregel trüben allerdings den sehr guten Gesamteindruck. Die Regel ist zwar sehr gut ins Deutsche übertragen, wirkt allerdings ein wenig steif und einige Begrifflichkeiten und Zusammenhänge sind nicht unbedingt klar. So hätten die Spieler durch sie noch näher und intensiver an das Thema des Spiels angebunden werden können. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Das Spiel selbst ist eine Empfehlung wert und auch die Autoren sollte man unbedingt weiter im Auge behalten, stammt doch aus ihrer Feder auch das in meinen Augen großartige Spiel Mysterium, das hierzulande durch Asmodee aufgelegt wurde.

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • innovatives Kampfsystem
  • passendes und funktionelles Spielmaterial
  • Gleichgewicht zwischen Glücks-, Zocker- und strategischen Elementen

Minus

  • Vor- und nachteile der einzelnen Rollen müssen anfangs immer mal wieder nachgelesen werden
  • das Gleiche gilt für die Fluchkarten

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 bis 60 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: 2Geeks
Genre: Glück, Würfeln
Zubehör:

Spielschachtel aus Blech, die sowohl als Zählbrett wie auch als Würfelbox genutzt wird
Seekarte
28 Rollenkarten (jeweils sieben in vier Farben)
Abstandsmesser mit Rollentableau
31 Abenteuerkarten
60 Beutekarten
sechs Schwarzes Mal-Marker
12 Ritualmarker
vier Freibeutermarker
40 Schatztruheplättchen
28 Yin-Yang Plättchen
Abenteuerablage
vier Punktemarker
Startspielermarker
Letzte Drei-Runden-Marker
44 Würfel (10 Stück in vier Farben und vier rote Würfel)

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