D-Day Dice

Dieses Spiel ist nur auf Englisch erhältlich. 

Normandie, 6. Juni 1944: Die Truppen der Westalliierten stürmen das französische Festland mit dem Ziel, die deutschen Besatzer aus Frankreich zu vertreiben. Die erste Welle ist bereits gelandet, und wie wir heute wissen sind dabei 90% der alliierten Soldaten gefallen. Doch jetzt greift die zweite Welle an, und diese rückt nun schon wesentlich gestärkter auf die deutschen Bunker vor.
Die Spieler sind Anführer von Trupps der zweiten Welle, und das Ziel besteht darin, den deutschen Bunker zu erreichen.
(Das historische Ende der Invasion ist durch dieses Spiel übrigens nicht in Gefahr, es geht darum, ob der eigene Trupp siegreich durchkommt oder nicht.)

Emmanuel AquinD-Day Dice begann seinen Siegeszug als reines „Print & Play“ auf BoardGameGeek (wo sonst?). Der interessierte Spieler (und Bastler) konnte vier unterschiedliche Pläne, Überklebesymbole für sechsseitige Würfel, Übersichten und Spielblockzettel downloaden. Nun musste man nur noch für jeden Spieler eine Spielfigur sowie je zwei Würfel in drei Farben auftreiben, und schon konnte die Invasion beginnen. Innerhalb von 2-3 Jahren hatte das Spiel eine derartig große Fangemeinde angesammelt, dass es schließlich von Valley Games übernommen und im März 2012 kommerziell veröffentlicht wurde. Der Print & Play-Download existiert freilich noch (Link unten), seit der Veröffentlichung des Spieles aber nur noch mit zwei Plänen. 
Da man in der US-Spieleszene mit dem Thema WK2 relativ neutral umgeht (obligatorischer Gruß an die alte MB-Ausgabe von Axis & Allies und ihrer ziemlich prominent ins Bild gerückten Hakenkreuzfahne auf dem Cover) gibt es das Spiel inzwischen auch in die Gegenrichtung: Unter dem Titel D-Day Dice – Atlantikwall übernehmen die Spieler Wehrmachtseinheiten und müssen die Invasoren abwehren. Wie man ein offensives System wie dieses auf „Abwehr“ umschreiben will erschließt sich mir (auch mangels Kenntnis der Atlantikwall-Variante) nicht ganz, aber es soll Autoren geben, die schon Unwahrscheinlicheres geschafft haben.

Was das Thema „D-Day“ angeht wird sich (außerhalb des Kosim-Genres) der eine oder andere wahrscheinlich daran erinnern, dass sich Avalon Hill mit Axis & Allies: D-Day seinerzeit daran einen mittelschweren Leistenbruch geholt hat. Der Normandieausflug von Avalon Hills Vorzeigeserie war der erste A&A-Titel, der relativ einhellig verrissen und über das sehr schnell der Mantel des Schweigens ausgebreitet wurde. Als A&A-Komplettist hatte ich die Freude, dieses Spiel zu besitzen und auch gespielt zu haben, und gebe hiermit zu Protokoll: Das Spiel kassierte seine Häme vollkommen zu recht, Axis & Allies: D-Day war quasi unspielbar.

Mal sehen, ob ein Wargame-Würfelpoker hinbekommt, woran eine klassische Serie gescheitert ist:

Das Spiel:

Für jeden Spieler gibt es einen Zettel, auf dem er während des Spieles die Anzahl seiner Soldaten, erworbene Gegenstände und Spezialisten sowie Item- und Courage-Punkte festhält. In der Mitte des Tisches liegt einer der Spielpläne, bestehend aus mindestens vier Reihen an Feldern. Für manche der Felder gelten spezielle Regeln oder Bedingungen. Am Ende des Planes wartet ein deutscher Bunker. Diesen Bunker müssen die Spieler mit ihrer Figur erreichen, doch je näher man ihm kommt, desto gefährlicher wird der Kampf.

Jeder Spieler spielt mit je zwei Würfel in drei Farben. Hier kann man normale Sechsseiter nehmen – Aquin hat jedem Würfelwurf ein Symbol zugeordnet - oder sechsseitige Würfel mit Symbolen überkleben. Und weil unser Autor einer von der ganz subtilen Sorte ist, sind diese Symbole (bzw. die Würfel der Valley Games-Ausgabe) in Rot, Blau und Weiß gehalten. Ähm, sollen wir noch raten, die Marines welcher Nation wir spielen?
In jeder Runde würfelt der Spieler seine 6 Würfel. Zwei davon MUSS er blocken, von den übrigen Vieren darf er beliebig viele 2x neu würfeln. Was dann übrig bleibt ist sein Final Tally, und mit diesen 6 Würfeln agiert der Spieler nun.

Totenkopf: Für jeden Totenkopf muss der Spieler einen anderen Würfel auswählen, dessen Symbol er in dieser Runde nicht verwenden darf.
Soldaten: Der Spieler erhält – je nach Würfelwurf – einen oder zwei Soldaten.
Items: Je nach Anzahl der Würfel mit Item-Symbol erhält der Spieler Item-Punkte. Damit können Gegenstände gekauft werden, die der Spieler 1x kaufen kann. Ist ein Gegenstand verbraucht kann er nicht nochmal gekauft werden.
Sterne: Mit den Sternen können die Spieler „Spezialisten“ wie Ingenieure, Scharfschützen oder Offiziere erwerben. Jeder dieser Spezialisten hat eine Fähigkeit, die der Spieler so lange nützen kann, bis der entsprechende Spezialist fällt. Danach darf er nicht mehr neu rekrutiert werden. Zudem gibt es Felder, auf denen man bestimmte Spezialisten haben oder sogar opfern MUSS, um das Feld überhaupt betreten zu dürfen
Courage: Der Spieler erhält Courage-Punkte. Diese werden benötigt, um dem Bunker entgegen ziehen zu können.

Schafft es ein Spieler, das gleiche Symbol auf je einen Würfel jeder Farbe zu würfeln (also z.B. einen blauen, einen weißen und einen roten Courage-Punkt), erhält er zusätzliche Boni. Der erste Spieler, der zudem einen Wurf schafft, in dem JEDES SYMBOL einmal vorkommt (also sozusagen eine Straße würfelt) erhält die Medal of Honor. Mit der Medal of Honor darf der Spieler sofort zwischen zwei Vorteilen wählen, zudem ist sie am Spielende Siegpunkte wert.

Sobald alle Spieler ihre Würfel genützt haben, darf die Figur bewegt werden. Hierfür gibt es folgende Regeln:
> Man darf niemals rückwärts ziehen.
> Zieht man auf ein Feld derselben Reihe, muss man beachten, dass man kein Feld mehrfach betreten darf.
> Zieht man in die nächste Reihe, muss man eine auf dem Spielplan angegebene Anzahl an Courage-Punkte abgeben.
> Man muss nicht ziehen, darf aber in keinem Feld länger als 3 Runden stehenbleiben. Spätestens in Runde 4 muss man das Feld verlassen.
> Zieht man über ein Minenfeld, muss man einen Sechsseiter würfeln und verliert die entsprechende Anzahl Soldaten.

Am Ende der Runde müssen die Verluste durch deutsches Abwehrfeuer berechnet werden:
> Jedes Feld hat einen Defense-Wert. Dieser Wert gibt an, wie viele Soldaten man verliert.
> Gibt es auf dem Feld ein oder mehrere Fadenkreuze, so liegt das Feld in Reichweite deutscher Maschinegewehre. Der betroffene Spieler würfelt einen Sechsseiter und verliert die entsprechende Anzahl an Soldaten.

Hat ein Spieler keine Soldaten mehr oder kann sich nicht mehr bewegen, scheidet er aus.
Alle Spieler, die den Bunker erreichen, erhalten Siegpunkte. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.

Spieletester

17.04.2012

Fazit

Ufff… Also wenn die reale Invasion in der Normandie nur HALB so schwierig war wie das Erreichen des deutschen Bunkers in DIESEM Spiel, dann können wir uns bei sämtlichen nicht existierenden Kriegsgöttern dafür bedanken, dass irgendwann mal am Strand der Normandie die Fahnen der Westalliierten zum vorherrschenden Bild wurden. Gegen den Schwierigkeitsfaktor von D-Day Dice wirkt der Kampf in der Doomschen Marsstation wie ein launiger sonntäglicher Familienausflug in den Wiener Volksgarten. Lieber Himmel…

D-Day Dice ist im Grunde seines Herzens ein Solitairespiel, dass bis zu vier Spieler gleichzeitig spielen können. Dementsprechend ist es also auch alleine sehr gut spielbar. Interaktion für mehrere Spieler gibt es nur durch die Rekrutierung eines „Offiziers“: Solitaire ändert er die Farbe eines Würfels, bei mehreren Spielern kann der Offizier einen eigenen Würfel mit einem Würfel eines anderen Spielers im gegenseitigen Einverständnis tauschen.

Wer sich auf diese Form des Sturmes auf die Normandie einlässt, sollte durchaus eine gehörige Resistenz gegen kaum beeinflussbare Frustfaktoren mitbringen, die durchaus das Scheitern einer Taktik bedeuten können. Kleines Beispiel aus meiner letzten Partie: Ich stehe mit 41 Soldaten zwei Felder vor dem deutschen Bunker… und würfel drei Runden lang einfach keine Courage- oder Itempunkte, um die letzten beiden Felder nehmen zu können. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 6 Würfeln mit je 2 brauchbaren Symbolen, einem „Officer“ im Schlepptau und einem Sitznachbarn, der an Courage-Punkten ertrinkt, dabei aber an chronischem Personalmangel leidet, irgendwo im Milliprozentbereich… aber es kommt eben doch vor.

Ein sonderliches Problem sollte das aber nicht darstellen, da sich D-Day Dice ja unverblümt an die Klientel für Spiele wie Im Wandel der Zeiten – Das Würfelspiel: Bronzezeit oder eben das gute alte Würfelpokern wendet, und dieses sollte sich dieser Gefahr ohnehin voll bewusst sein. Wem diese Vorbilder gefallen, der wird auch an D-Day Dice seine Freude haben. Und wer ein gutes Solitairespiel bzw. ein gutes Spiel mit Solitairevariante sucht, der ist hier ebenfalls gut bedient.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Besucherkommentare

Manu | 17.04.2012

Das Spiel ist als P&P auch in Deutsch auf BGG zu finden!

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 1 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Valley Games
Genre: Würfeln
Zubehör:

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7137 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2305 Berichte.