First Train to Nürnberg

Eisenbahnspiele sind für Vielspieler meist die Krone der Schöpfung, allerdings auch ein möglicher Scheideweg. Entweder man mag sie, oder man mag sie nicht. Vielfach ergeben sich allerdings aus den Verknüpfungen eines Aufbau- und Warentransportspiels mit einem Wirtschaftsspiel sehr reiz- und anspruchsvolle Verzahnungen. Gleichzeitig ist aber in diesem Genre der Grat zwischen guter Spielbarkeit und ultrakomplexem Strategieoberhammer bei den einzelnen Spielen dieser Gattung extrem schmal.

First Train to Nürnberg ist die Neuauflage eines Klassikers von Martin Wallace namens Last Train to Wensleydale. Dieses ist ein Eisenbahnspiel, welches sich mit dem Transport von Steinen, Käse und Passagieren in England beschäftigt. Diesem Spiel hat nun der Argentum Verlag nicht nur eine dringend notwendige neue Grafik spendiert, sondern zudem auf der Rückseite des Spielbretts auch noch einen komplett neuen und Namensgebenden zusätzlichen Spielplan. Dieser Plan zeigt einen Ausschnitt aus der deutschen Landkarte zwischen Nürnberg und Fürth im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Hier werden neben den Passagieren Bier und Post transportiert. Natürlich unterscheiden sich beide Spielpläne zwar durch die unterschiedliche Geografie voneinander, das Spielgefühl ist jedoch ähnlich und gravierende Unterschiede werden erst die Profis feststellen.

Im Gegensatz zu vielen anderen gleichartigen Eisenbahnspielen werden im Spiel Waren, Passagiere und Landbesitzer schon vor Beginn des Spiels auf dem Spielplan nach einem besonderen Schema verteilt. Dadurch ergeben sich Reizvollerweise vor jedem Spiel auch unterschiedliche Startbedingungen. Das Spiel geht je nach Spieleranzahl über 4 oder 5 Runden. Jede dieser Runden unterteilt sich in 10 Phasen. Positiverweise ist First Train to Nürnberg aber auch mit zwei Spielern sehr gut spielbar.

Die Währung von First Train to Nürnberg ist diesmal nicht der schnöde Mammon sondern der noch schnödere Einfluss. Einfluss kann man auf die rote und die grüne Eisenbahngesellschaft, auf die Regierung und die Betriebsmittel (die Züge) nehmen. Mit Hilfe des angesammelten Einflusses können also Schienenstränge durch die Landschaft gebaut und darüber wiederum Waren aus den so erschlossenen Gebieten abtransportiert werden. Passagiere benötigen zudem noch gleichfarbige Zielbahnhöfe. Landbesitzer müssen mehr oder weniger überzeugt werden, ihr Land der Eisenbahn und dem Schienebau zu opfern und ganze Züge zum Abtransport der Waren und Passagiere sollten gechartert werden. Es gibt also jederzeit im Spiel viel zu tun und noch mehr zu bedenken. Unrentable Strecken, über welche nichts mehr transportiert werden kann, können an eine der beiden großen Eisenbahngesellschaften (wir erinnern uns – die Grüne oder die Rote) abgetreten werden, um die Gewinn- und Verlustrechnung ein wenig freundlicher zu gestalten. Allerdings übernehmen die Gesellschaften nur komplette Strecken zwischen zwei Städten. Eine nette Idee ist die Versteigerung von Einflusspunkten zu Beginn jeder Runde. Allerdings wird nicht pauschal auf Einflusspunkte geboten, sondern diese sind schon ihrem jeweiligen Bezugszweck zugeordnet. Man muss sich also seine Strategie für die jeweils nächste Runde schon sehr genau überlegen. Transportierte Passagiere und Waren bringen sofort Siegpunkte. Zum Ende des Spiels werden allerdings auch Siegpunkte für komplette Sets transportierter Waren und Passagiere und für eigene Streckenteile auf dem Spielplan vergeben.

Spieletester

30.04.2011

Fazit

Martin Wallace hat es wieder einmal geschafft, ein geschickt, verzahntes und spannendes Eisenbahnspiel zu kreiieren. Dem Argentum Verlag gebührt dabei die Ehre aus dem hässlichen Entlein, ich erinnere mich mit Grausen an den originalen Spielplan, zumindest einen passablen Schwan gemacht zu haben. Die Ausstattung mit viel Holz, sowie die Illustration der Spielpläne und Tableaus gehen so in Ordnung, ohne dabei allerdings Bäume auszureißen. Die Spielanleitung ist bisweilen ein wenig unübersichtlich gestaltet und dadurch, sowie durch die grundlegende Komplexität des Spiels braucht es schon ein bis zwei Spielrunden, bis die Regeln von den Spielern verinnerlicht sind. Zudem ist es durch die grafische Gestaltung des Spielplans und des Materials manchmal recht schwer, immer die so wichtige Übersicht zu behalten. Die Benutzung der Tableaus stellt sich außerdem als teilweise recht fummelig heraus und natürlich ist klar, dass Eisenbahnspiele, insbesondere mit solch einer Komplexität, mit einem erhöhten administrativen Aufwand verbunden sind. Wer jedoch diesen gesamten Aufwand nicht scheut und zudem ein Spiel mit recht hohen strategischen Erfordernissen sucht, wird mit First Train to Nürnberg sehr zufrieden sein.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Argentum Verlag
Grafiker: Dennis Lohausen
Genre: Strategie
Zubehör:

Spielregel (englisch/ deutsch), Kurzspielregel und Aufbauanleitung (enlisch/ deutsch), 1 beidseitig bedruckter Spielplan, 2 beidseitig bedruckte Tableaus, 1 Stoffbeutel, 5 weiße Einflussmarker, 5 braune Einflussmarker, 5 rote Einflussmarker, 5 grüne Einflussmarker 3 Lokomotiven pro Spieler, 15 Investitionssteine pro Spieler, 9 Spielermarker pro Spieler, 15 Streckenteile pro Spieler, 35 rote Streckenteile, 35 grüne Streckenteile, 25 Landbesitzer (weiß), 25 rote Passagiere, 25 grüne Passagiere, 60 weiße Stein-/Bierwürfel, 60 gelbe Käse-/Postwürfel, 1 Rundenmarker

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