Chicago Gangsters

Im Chicago der 20er Jahre des vorherigen Jahrhunderts kämpfen vier Gangsterbanden um die Vorherrschaft in den einzelnen Stadtvierteln. Es geht vor allem um den illegalen Alkohol, der zur Zeit der Prohibition viel Geld einbrachte. Alle Mittel sind recht und durch wechselnde Koalitionen entsteht ein Teamspiel, bei dem am Ende der Spieler mit dem meisten Alkohol gewinnt.

Chicago Gangsters ist ein Spiel um Banden, Macht und viele Dollars! So zumindest wird auf der Spiele-Schachtel aus dem Hause KOSMOS geworben. Was erwartet nun den interessierten Gangster?

Zunächst einmal sind 110 Karten in zwei Packs von der Verpackungsfolie zu befreien. Dann steht die Lektüre der auf einem DIN-A3 Blatt beidseitig bedruckten Regel an. Und alleine das könnte schon eine zu große Herausforderung für so manchen Zeitgenossen sein. Ich gebe zu, auch ich habe lange mit mir gekämpft, bevor ich mich herangewagt habe. Ob es sich gelohnt hat, wird der werte Leser am Ende meiner Rezension vielleicht nachvollziehen können.

Zusätzlich werden Stift und Papier benötigt, um die Alkohol-/Siegpunkte zu notieren. Die nun folgenden Ausführungen beziehen sich auf ein Vier-Personen-Spiel.

Spielablauf:
Das Spiel gliedert sich in 6 Phasen: 1.Karten auslegen, 2.Spielzug Herausforderer, 3.Spielzug Verteidiger, 4.Rundenauswertung, 5.Verteilung der Beute, 6.Rundenende.

Jeder Spieler gibt sich durch eine zufällig zugewiesene Mafia-Clan Karte zu erkennen und erhält zu Spielbeginn vier Mittel-Karten. Zusätzlich zieht jeder Spieler eine Personenkarte mit Wert 1-3 und legt diese offen vor sich aus.

1. Zu Beginn wird von den vorher gemischten Kartenstapeln Koalition, Stadtteil, Beute und Person jeweils die oberste Karte aufgedeckt. Damit wird bestimmt, welche beiden Clans in dieser Runde zusammen die Herausforderer und welche die Verteidiger spielen, welche Mittel-Karten und Personen eingesetzt werden dürfen und um welche Art von Beute es geht.
2. Die Herausforderer beginnen und legen jeder für sich beliebig viele der erlaubten Mittel-Karten verdeckt vor sich aus. Die beiden Spieler dürfen sich untereinander absprechen, wer wie viele und welche Karten einsetzt, allerdings ist keiner an diese Absprachen gebunden, schließlich ist man unter Gaunern, die nur ihren eigenen Vorteil sehen. Die abgelegten Karten werden jetzt aufgedeckt, wobei einer der Spieler, dessen Clan auf der Koalitionskarte ein Fragezeichen hat, eine seiner Karten weiterhin verdeckt halten darf. Damit ist eine gewisse Unwägbarkeit sowohl für den Partner als auch für die Verteidiger gegeben.
3. Die Verteidiger kennen jetzt bereits die Stärke der Herausforderer und können entsprechend planen, was sie in dieser Runde erreichen wollen. Jeder legt ebenfalls beliebig viele Mittel-Karten aus.
4. Die Gesamtstärke der beiden Koalitionen wird ermittelt, wobei vorher noch eine eventuell verdeckt liegende Karte aufgedeckt wird. Die Koalition mit der größeren Stärke ist Sieger und kontrolliert den Stadtteil. Bei Gleichstand gewinnen die Herausforderer.
5. Die Sieger teilen nun den entsprechenden Beuteanteil unter sich auf, wobei der Spieler, der mehr Punkte zum Sieg beigesteuert hat, als Erster wählen darf. Herrscht hier Gleichstand, entscheidet die Koalitionskarte über die Reihenfolge. Die Verlierer bekommen den für sie bestimmten Anteil der Beute nur dann, wenn sie mindestens die Hälfte der Punkte der Sieger erreicht haben und gehen ansonsten leer aus. Die Beutekarten können mit Alkohol, Personenkarte und Mittel-Karten drei verschiedene Arten von Belohnungen enthalten.
6. Beginnend mit dem Clan der Siegerpartei zieht jeder Spieler 1 Mittel-Karte nach, wenn er noch nicht das Handkartenlimit von 10 erreicht hat. Außerdem dürfen die Clans noch Sonderfertigkeiten ihrer Personen einsetzen, die „am Ende der Runde“ genutzt werden können. Danach werden alle aktuellen Koalitions-, Stadtteil- und Beutekarten entfernt. Sollte die ausliegende Person keinen neuen Clan gefunden haben, weil z.B. der Verlierer leer ausgegangen ist, wird auch diese entfernt.
Eine neue Runde beginnt, indem von jeder Kartensorte die nächste Karte aufgedeckt wird.

Wenn vom Koalitionsstapel die vor Spielbeginn untergemischte Spielende-Karte gezogen wird, endet das Spiel und es folgt sofort die Endabrechnung. Der aktuelle Stadtteil wird nicht mehr umkämpft, die Beute nicht mehr verteilt. Es kommt vielmehr zu einem finalen Showdown zwischen den Clans. Jetzt kämpft jeder für sich, allerdings geschieht dies nur noch durch die Bestimmung von Mehrheiten.
Die Mittel-Karten jedes Clans werden offen gelegt. Wer die jeweils höchste Summe an Waffen, Schmiergeld und Erpressung nachweisen kann, bekommt jeweils 2 Alkohol gutgeschrieben. Bei Gleichstand erhalten alle beteiligten Clans diese Gutschrift. Außerdem zählen alle Clans noch die Anzahl der von ihnen kontrollierten Personen. Wer hierbei die meisten hat, bekommt ebenfalls noch mal 2 Alkohol. Auch hier gilt, bei Gleichstand bekommen alle beteiligten Clans 2 Alkohol.

Zu guter Letzt gewinnt jener Clan, der über den meisten Alkohol verfügt - er kontrolliert die Stadt.

Varianten:
Chicago Gangsters ist durch die Koalitionsbildung eigentlich für vier Spieler ausgerichtet. Trotzdem kann das Spiel auch zu dritt oder fünft gespielt werden. Hierzu bedarf es allerdings einiger Sonderregeln.

Im Spiel mit drei Spielern kämpfen natürlich nur drei Clans um die Stadtteile, der vierte wird aus dem Spiel entfernt und auf den Koalitionskarten ignoriert. Ein Clan muss immer alleine gegen die beiden anderen Clans antreten, wobei sich dann der Wert seiner Mittel-Karten und seiner Personen verdoppelt. Ist der Herausforderer alleine, darf er nur dann eine Mittel-Karte verdeckt liegen lassen, wenn ein „?“ bei seinem Clan abgebildet ist. Gewinnt der einsame Clan bei einer Auseinandersetzung, so erhält er nur eines der beiden Pakete.

Im Spiel zu fünft greift zusätzlich zu den vier Clans auch der mysteriöse Mr. X in den Kampf um die Stadtteile ein. Der Spieler, der zu Beginn der Partie Mr. X spielen soll, erhält die entsprechende Karte sowie die Karte Herausforderer/Verteidiger. Nachdem zu Beginn einer Runde die neuen Koalitions-, Stadtteil-, Beute- und Personenkarte aufgedeckt wurden, entscheidet sich zuerst Mr. X, welche Mittel-Karten er einsetzen und mit der Karte Herausforderer/Verteidiger, auf welche Seite er sich schlagen möchte. Danach sind wie bereits erklärt die restlichen Clans an der Reihe, Karten auszulegen. Die Rundenauswertung wird wie gewohnt abgewickelt, wobei die Karten von Mr. X entsprechend der von ihm gewählten Seite zugesprochen werden. Gewinnt die Seite des Mr. X, wird die Beute nur unter den beiden Spielern verteilt, die am meisten Punkte zum Ergebnis der Dreierkoalition beigesteuert haben. Gleichstände werden dann zu Gunsten von Mr. X entschieden. Der in diesem Fall leer ausgegangene Spieler wird der neue Mr. X und tauscht seine Clan-Karte mit den Karten des bisherigen Mr. X.

Als weitere Variante kann noch „Der Pate“ bei Chicago Gangsters eingreifen. Diese für 3-4 Spieler geltende Expertenregel erlaubt es dem Paten, einen Koalitionspartner auszubooten – im Klartext ihn zu hintergehen. Der Pate spielt zwar alleine, doch seine Karten werden nicht wie im Dreierspiel verdoppelt. Dafür kann er, wenn er Beute macht, beide ihm dargebotenen Pakete nehmen. Als Entschädigung muss er dem hintergangenen Clan etwas von seiner Beute geben. Bei der Notierung des gewonnenen Alkohols kommt eine weitere Spalte dazu, in der die Punkte des Paten notiert werden. Bei Rundenende erhält der amtierende Pate einen Punkt gutgeschrieben. In der Endabrechnung bekommt der Spieler mit den meisten Punkten in dieser Spalte zusätzlich 1 Alkohol gutgeschrieben.

Spieletester

25.04.2010

Fazit

Als Erstes fällt einem die sehr lange Spielanleitung auf, die ohne große Farbtupfer daherkommt und nüchtern das Spiel erklärt. Sie lässt keine Fragen offen, aber die „Goldene Feder“ der Stadt Essen wird sie nicht gewinnen. Die Karten sind sehr dunkel und düster, was zwar passend zur damaligen Zeit, aber für das spielende Auge eher kontraproduktiv ist. Das Hauptkennzeichen des Erstlingswerkes von Autor Jürgen Kiedaisch sind wohl die wechselnden Partnerschaften. Bedingt durch das Auslegen der Koalitionskarten kann zwar nicht groß vorausgeplant werden, was dem Spiel aber keinen Abbruch tut. Das Kartenspiel ist insgesamt zu fisselig und unspektakulär. Durch die Verteilung der Beute, bei der oftmals auch der in einem Duell unterlegene Gegner etwas erhält, kommt irgendwie kaum Spannung auf. „Ist doch egal, ob man gewinnt oder verliert, es bekommt ja jeder etwas“, so der oft gehörte lapidare Satz in meinen Spielrunden. Und dabei sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Prämien oftmals nur marginal, was keinen der Gangster unbedingt reizt, etwas mehr in die Waagschale der Duelle zu werfen. Insgesamt ist Chicago Gangsters ein ganz nettes Spiel, bei dem erst eine hohe Schwelle des Regelstudiums überwunden werden muss. Wer sich durchgekämpft hat, wird nicht unbedingt großzügig belohnt, sondern nur mit einem eher durchschnittlichen Kartenspiel konfrontiert. Es gibt einfach wesentlich bessere Kartenspiele, als dass Chicago Gangsters bei uns öfters auf dem Spieletisch landen wird.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 5
Alter: ab 12 Jahren
Preis: 6,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Kosmos
Grafiker: Annette Kara
Genre: Karten
Zubehör:

1 Spielanleitung, 110 Karten, davon: - 48 Karten „Mittel zum Zweck“ mit je 16 Karten Waffen, Schmiergeld und Erpressung (die so genannten Mittel-Karten), - 18 Personenkarten, - 13 Karten Koalition, - 13 Karten Stadtteil, - 12 Beutekarten, - 4 Mafia-Clan Karten, - 1 Karte Mr. X / Der Pate, - 1 Karte Herausforderer / Verteidiger,

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