Friedrich

Friedrich II., oder auch der Große, wie er oft genannt wird, ist eine historische Persönlichkeit, die sehr stark polarisiert. So sehen die Einen in ihm einen kunstsinnigen, für sein Volk sorgenden König und gleichzeitig einen Wegbereiter der Aufklärung, der Preußen radikal reformierte und dadurch einen rückständigen Staat in die Riege der führenden Nationen Europas führen konnte. Für Kritiker hingegen ist er ein Kriegstreiber, der Zehntausende von Menschenleben auf dem Weg Preußens zur Großmacht opferte. Wie so oft aber liegt die Wahrheit auch hier in der grauen Mitte, denn nicht umsonst hatte sich damals ein Bündnis, bestehend aus Österreich, Frankreich, Rußland und Schweden, gebildet, in dessen Zentrum und direktem Blickfeld Preußen lag. Ob aber Preußen unter diesen vier Mächten aufgeteilt werden sollte bleibt nur zu vermuten, denn wie so oft sind alternative theoretische Geschichtsverläufe nur Makulatur und nicht wirklich zu beweisen. Friedrich kam damals dieser vermeintlichen Bedrohung mit der Besetzung Sachsens zuvor und löste dadurch den Siebenjährigen Krieg aus.

Jeder der 3-4 Spieler übernimmt im Spiel maximal zwei der Fraktionen, welche am Siebenjährigen Krieg beteiligt waren: Preußen, Hannover, Rußland, Schweden, Österreich, die Reichsarmee und Frankreich. Historisch korrekt sind auch die Generäle, welche die teilnehmenden Nationen in unterschiedlicher Zahl ins Gefecht schickten und letztendlich natürlich auch die Karte von Zentraleuropa, auf welcher das Spielgeschehen stattfindet. Auf dem Spielplan findet sich zudem die größte Besonderheit des Spiels, denn unabhängig von den organischen Grenzverläufen der damaligen Zeit hat der Autor ein Netz von rechteckigen Flächen über die Landkarte gelegt. Diesen Flächen ist jeweils eine Spielkartenfarbe wie Pik, Herz, Karo und Kreuz zugeordnet. Ziel des Spiels ist für alle, die Preußen bzw. Hannoveraner angreifenden Nationen eine bestimmte Anzahl von eigenen Zielstädten zu erobern. Der Preuße hingegen muss lediglich bis zum Ende des gesamten Spiels überleben und dabei sein Territorium verteidigen. Was sich hier relativ einfach anhört, ist im wahrsten Sinne des Wortes Schwerstarbeit, muss doch der Preuße mit seinen Armeen von einem Brennpunkt auf der Landkarte zum Nächsten hetzen, um dort die gegnerischen Armeen in ihre Schranken zu verweisen.

Jede Nation hat zu Beginn des Spiels eine genau definierte Anzahl von Armeen, die allerdings auf dem Spielbrett nicht dargestellt, sondern verdeckt den Generälen zugeordnet werden. Dabei ist ein Limit von mindestens einer und maximal 8 Armeen pro General zu beachten. Die maximale Anzahl der Armeen darf auch später, wenn Nachschub ins Spiel geführt werden muss, durch die einzelnen Nationen keinesfalls überschritten werden. Zusätzlich sind die vorgegebenen Startorte für die Generäle und Trosse zu beachten und dann kann es auch schon losgehen. Nacheinander ist dabei jede der Fraktionen am Zug und handelt diesen in fünf Phasen ab. So werden zuerst die taktischen Karten gezogen, erst danach erfolgt die Bewegung aller Generäle und Trosse. Anschließend werden mögliche Kämpfe abgehandelt, die Möglichkeiten von dadurch erfolgten nachträglichen Eroberungen und letztendlich auch die aktuelle Versorgungslage der Generäle geprüft

Bei ihren Bewegungen müssen sich die Generäle natürlich auch um die Versorgung ihrer Truppen kümmern. In den Heimatprovinzen ist das kein Problem, denn dort werden die Truppen automatisch versorgt. In gegnerischen Gebieten hingegen kommt ein Tross zum Einsatz, welcher sich maximal 6 Felder von General und Truppen entfernt aufhalten darf. Nun wäre das alles kein Problem, wenn sich nicht der Troß langsamer als der General bewegen würde. So erfordert jede Bewegung auf dem Brett einiges an Überlegung, um solche grundlegenden Fragen wie Versorgung, Bedrohung des Gegners und gleichzeitiger Schutz der eigenen Städte und Einheiten immer im Blick zu haben. Stehen sich zwei Generäle gegenüber, kommt es zum Kampf. Dieser wird recht raffiniert mit so genannten taktischen Karten ausgetragen. Jeder Spieler erhält zu Beginn seiner Runde eine für ihn festgelegte Anzahl dieser taktischen Karten, eine maximale Anzahl, die man auf der Hand halten darf ist hierbei nicht vorgegeben. Die taktischen Karten speisen sich aus vier identischen Kartensatzstapeln mit den Werten 2-13 in den Farben Pik, Karo, Herz und Kreuz, von denen nacheinander die Karten gezogen werden bis der entsprechende Stapel verbraucht ist. Im Kampf darf jedoch nur diejenige Farbe ausgespielt werden, die durch das Feld, auf welchem der General aktuell steht, vorgegeben ist. Den Generälen sind zudem verdeckt maximal acht Armeen zugeordnet, so dass man nie genau weiß mit welcher Stärke ein General durch das Land zieht. Aus der Differenz dieser Armeestärken entsteht im Kampf eine Startsituation. Der unterlegene Spieler muss nun so lange entsprechende Karten ausspielen, bis das Verhältnis zu seinen Gunsten gekippt ist. Der Schlagabtausch wogt hin und her, bis ein Spieler keine entsprechenden Karten mehr hat oder keine Karten mehr ausspielen will. Der unterlegene Spieler verliert entsprechend der Enddifferenz Armeen und muss sich zudem um die entsprechende Anzahl von Feldern zurückziehen. Bei diesen Kämpfen wird der Preuße natürlich versuchen möglichst wenige Karten auszuspielen, denn für ihn wäre nichts problematischer als an verschiedenen Stellen mit identischen Farben kämpfen zu müssen. So sind taktische Überlegungen während des Spiels nicht nur bei der Bewegung der Generäle, sondern auch bei der Auswahl der Kampfposition und dem geschickten Ausspielen der taktischen Karten notwendig. Ab der sechsten Runde kommt durch die so genannten Schicksalskarten noch eine gehörige Portion Glück ins Spiel. Hierbei finden wichtige historische Ereignisse Berücksichtigung, wie z.B. das Ende der englischen Subsidienzahlungen. Leider haben die launigen Schicksalskarten auch ihre Schattenseiten. So kann es z.B. durchaus passieren, dass aufgrund einiger Schicksalskarten Fraktionen zwar historisch korrekt recht schnell aus dem Spiel ausscheiden, dieses jedoch für den entsprechenden Spieler nicht besonders befriedigend ist.


Spieletester

17.03.2012

Fazit

Die Zeitepoche des Siebenjährigen Krieges hat Richard Stubenvoll alias Richard Sivél schon immer fasziniert und dankenswerter Weise hat er aus diesem Thema ein für viele Spieler schnell zugängliches, trotzdem anspruchsvolles und dabei sehr elegantes Strategiespiel und damit, wenn auch nahe liegend, kein Co-Sim Spiel geschaffen. Er ging sogar so weit, seinen eigenen Kleinverlag Histogame zu gründen, um sein Spiel Friedrich ohne Abstriche an der Spielidee den geneigten Spielern zugänglich machen zu können. Grafik und Ausstattung sind zweckdienlich, gehen so in Ordnung, ordnen sich aber auch dem Anspruch des Spiels unter. Natürlich ist ein Spiel mit einer durchschnittlichen Spielzeit von 3 bis 4 Stunden nicht jedermanns Sache, allerdings sind die Regeln schlank und geradlinig ohne zusätzlichen Schnick-Schnack und Ballast. Dadurch ist man nach kurzer Anlaufzeit schon gut im Spiel, die vielen, eleganten Feinheiten erschließen sich jedoch erst nach einigen Partien. Obwohl es auf den ersten Blick nicht so scheint, ist Friedrich abwechslungsreich und jede Partie verläuft anders, da es im Spiel genügend entsprechende Optionen gibt. Wen Spieldauer und historischer Hintergrund nicht abschrecken, der findet in Friedrich ein hervorragendes Spiel, zu welchem man allerdings zusätzlich 2-3 Gleichgesinnte benötigt. Freunden von 2-Personenspielen, die hier leider zu kurz kommen, sollten hingegen einen Blick auf das Folgespiel von Richard Sivél werfen, denn in Maria greift er das tragende Spielprinzip auf, bringt jedoch noch zusätzliche spannende Aspekte ins Spiel ein.

Aus Anlass des 300. Geburtstages Friedrichs hat Histogame eine Jubiläumsedition des Spiels mit einem überarbeiteten Spielplan und leicht angepassten Regeln herausgegeben.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 180 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2004
Verlag: Histogame
Genre: Strategie
Zubehör:

1 Spielplan, 24 Generäle, 1 Rundenzähler, 200 Taktische Karten, 5 Armeepläne, 1 Postkarte, 11 Trosse, 18 Schicksalskarten, 2 Karten "Spielhilfe", 1 Beiblatt (englisch), 1 Spielregel

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