Liebe und Intrige

Nicht genug damit, dass die „Modefarbe“ Rosa, oder neudeutsch auch Pink genannt, die Männermode erreicht hat, man denke nur an unsägliche Rosa Krawatten, Hemden oder gar Strümpfe. Jetzt ist auch das erste Spiel erschienen, dessen Schachtel hauptsächlich in dieser Farbe gehalten ist. Noch dazu sind zwei Frauen die Autorinnen und im ganzen Spiel dreht sich alles nur um die Heirat. Sollten hier also mal so richtig männliche Vorurteile gepflegt werden können und es handelt sich um ein reines Frauenspiel?

Hat man die Schachtel das erste Mal in der Hand, erkennt man einen positiven, den Sammler erfreuenden Trend. Das Spiel ist in einer Art Buchschachtel verpackt, wie z.B. auch bei Flinke Feger und das Zepter von Zavandor geschehen. Damit kann es deutlich schonender und platzsparender gelagert werden und ist zudem mit dem meist gut gestalteten Schachtelrücken ein echter „Hingucker“.

Die Grafik, welche das Spiel anscheinend in der Zeit des Biedermeier ansiedeln soll, wird allerdings polarisieren. Dem einen ist sie zu überladen und kitschig, für die anderen genau richtig und zum Thema passend. Unabhängig davon, sind vorab als Manko in jedem Fall einige Punkte zu benennen. Die Herren- und Ereigniskarten sind für ihre Größe auf zu dünnem Papier gedruckt und sperren sich massiv gegen ihr gemischt werden. Die Schriften auf den Karten sind, insbesondere bei stimmungsvoller Kerzenscheinbeleuchtung, schlecht lesbar und der unruhige Untergrund tut sein übriges um den persönlichen Gang zum Optiker dringend angeraten erscheinen zu lassen. Das Spielbrett ist mit einer Art Glanzfolie überzogen, in welcher sich das Licht spiegelt. Einige spielrelevante Informationen können so nicht besonders gut wahrgenommen werden. Insgesamt wäre hier in jedem Fall weniger mehr gewesen.

Aber nun von den Äußerlichkeiten zu den inneren Werten. Bis zu vier angesehene Bürgerfamilien wetteifern darum, ihre jeweils drei Töchter so schnell als möglich an den (richtigen) Mann zu bringen und dabei noch eine gute Partie zu machen.

Jeder Mitspieler erhält dazu verdeckt drei „Töchter-Karten“ mit den jeweiligen Eigenschaftswerten für Ansehen, Schönheit und Bildung. Auf jeder dieser Karten sind für jeden Bereich unterschiedliche Startwerte vorgegeben, deren Summe allerdings immer 4 ergibt. Ist die eine vielleicht von hoher Bildung und Ansehen aber abschreckendem Aussehen, kann einen Schönheit durchaus jede Bildung vermissen lassen. Die Werte können bis auf minimal 0 fallen und auf maximal 5 steigen. Die Steigerung dieser für die Hochzeit so wichtigen Werte ist erste Töchterpflicht, haben doch die Herren der Schöpfung gewisse, wenn auch durchaus unterschiedliche, Ansprüche in diesen Bereichen. Je höher ihre Anforderungen an die zukünftige Braut, je höher ist auch der Stand der Herren. Um ihr Ansehen, die Bildung oder gar die Schönheit zu steigern, können sich sittsame Fräuleins zu verschieden Orten begeben, dem Boulevard, dem Theater, dem Armenhaus und der Schneiderei. Dort kann sich die Sittsame hernach mit einem der wenigen Herren vor Ort treffen. Allein das vermaledeite Männervolk ist in diesen tugendhaften Einrichtungen nicht besonders zahlreich vertreten und macht um die Schneiderin gar einen großen Bogen. Da bleibt dem tugendhaften Fräuleinchen ja gar nichts anderes übrig als sich in die Höhlen des Löwen und des Lasters zu begeben und die Spelunke und den Park aufzusuchen. Hier kann Frau zwar viele Männer treffen, aber auch ganz schnell den Verlockungen des Lasters, in Form eines Casanovas oder des Trunkes erliegen und so etliches an Bildung und Ansehen verlieren. Nach überstandenem Schrecken, welcher ausgewürfelt wird, kann sie sich mit einem der anwesenden Herren treffen.

Bis zu maximal drei unterschiedliche Herrenbekanntschaften darf die holde Weiblichkeit auf diese Art und Weise machen. Spätestens dann sollte sie versuchen, einen der Herren, wo auch immer, ein zweites oder gar drittes Mal zu treffen. Sollten dann noch die mittlerweile hoffentlich gesteigerten Eigenschaften des Fräuleins den Anforderungen des Herren entsprechen oder sie noch besser übertreffen, darf, nach genannten drei Treffen mit dem gleichen Herren, Hochzeit gefeiert werden. Stellt sich jedoch während dieser Zeit des Suchens ein vierter Verehrer ein, muss das Töchterchen, ob es will oder nicht, einem anderen Verehrer, egal wie oft sie ihn schon getroffen hat, den Laufpass geben. Ist die eine unter der Haube, versucht sich danach gleich die nächste, angestachelt durch den Erfolg ihrer Schwester, einen Mann zu angeln und das Spielchen geht von vorn los.

Haben die Mädchen an den verschiedenen Orten eine Herrenkarte gezogen, dürfen sie zum Abschluss ihres Zuges auch noch eine Ereigniskarte nehmen. Diese können z.B. das Vermögen der Familie vergrößern, Schutz gegen die Anfeindungen des Lasters gewähren, oder helfen, den Aufenthaltsort eines bestimmten Herren zu ermitteln.

Doch wie so oft im Leben, hat meistens eine Rivalin die vermeintlich bessere oder passendere Partie an der Angel. Aber Frau wäre nicht Frau, wenn sie nicht mit Hilfe einer Intrige versuchen würde, die andere auszustechen und sich dem Mann als perfektes Weib zu präsentieren. Das schnöde Würfelglück bestimmt auch hier, ob eine Intrige von Erfolg gekrönt war. Allerdings lernt sie durch solcherlei Machenschaften keine neuen Männer kennen und meistens ist die Intrige lediglich das letzte Mittel um den glanzvollen Sieg einer Konkurrentin abzuwehren oder den eigenen Triumph zu vervollkommnen.

Das Spiel endet, sobald eine Familie als erstes ihre drei Töchter unter die Haube gebracht hat. Allein, es zählt am Ende nicht nur die Schnelligkeit der rasch herbeigeführten Hochzeiten, sondern auch in Summe der Stand der Ehemänner, die gute Ausbildung, welche die Töchter in der Zwischenzeit (hoffentlich) genossen haben, und zu guter Letzt natürlich auch das Vermögen der Familie, das den Töchtern in der Ehe den Rücken stärken soll. Das alles generiert Siegpunkte und gewonnen hat, richtig, die Familie mit den meisten davon.

Spieletester

12.05.2008

Fazit

Liebe und Intrige ist schnell erklärt und spielt sich trotz oder wegen seines hohen Glücksanteiles recht kurzweilig. Wer mit der Grafik leben kann, erhält ein nettes Spiel, gut für die Familie oder perfekter noch z.B. für zwei Paare geeignet. Die Herren der Schöpfung sollten sich von Farb- und Themenwahl des Spieles nicht abschrecken lassen, sonst entgeht ihnen vielleicht ein erstaunlicher Abend in dessen Verlauf sie aus nächster Nähe und doch sicherer Entfernung erleben dürfen, wie Frauen sich ihre Männer angeln. Ein Spiel also von Frauen, über Frauen, aber zum Glück nicht nur für Frauen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 18,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2007
Verlag: Goldsieber
Grafiker: Christian Fiore
Genre: Glück
Zubehör:

Spielplan, Spielregel, 3 Würfel (Casanova, Trinken, Intrigen) 4 Tochterfiguren, 12 Eheringe, 36 Eigenschaftsmarker in den vier Spielerfarben (gelb, rot, grün, blau), 12 Tochtertafeln, 84 Herrenkarten, 46 Ereigniskarten, 3 Medaillen ( angesehenste, schönste und gebildetste Familie)

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